Mittelerde: Mordors Schatten_

4. Oktober 2014          Review          "Werbung"

Die weltberühmte „Herr der Ringe“-Saga hat zweifelsohne eine harte Leidenszeit hinter sich: Ob nun in gedruckter Form auf totem Holz oder auf die Kinoleinwände dieser Welt projiziert: die der Schreibfeder des britischen Schriftstellers J.R.R. Tolkien entstammenden Geschichten rund um namensgebenden „Herrn der Ringe“, das aktuell in den Kinos ausgewertete, meiner Meinung nach ziemlich grandiose Prequel „Der Hobbit“ oder weitere bis dato noch mit weniger medialer Aufmerksamkeit bedachte Geschichten aus dem Reich Mittelerde wie beispielsweise „Silmarillion“ – sie verkaufen sich, spätestens seit im Jahr 2001 die erste von Regisseur Peter Jackson inszenierte Filmumsetzung in den Lichtspielhäusern dieser Welt aufschlug, wie geschnitten Brot. Nicht annähernd so berauschend schaut es hingegen auf der Gaming Side of Life aus.

Zwar hat eine Vielzahl in schöner Regelmäßigkeit wechselnder Lizenznehmer im vergangenen Jahrzehnt händeringend versucht, eine Videospiel-Umsetzung auf die Beine zu stellen, die Tolkiens Fantasy-Universum würdig ist, doch kein einziger der besagten Versuche war letzten Endes von Erfolg gekrönt. „Lord of the Rings: Conquest“, „Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde“, „Der Herr der Ringe: Krieg im Norden“ oder auch das ebenfalls nicht sonderlich erfolgreiche, wenngleich durchaus ambitionierte Online-Rollenspiel „Der Herr der Ringe: Online“ – alles von verhältnismäßig überschaubarem Erfolg gekrönte Anläufe, die starke Lizenz auch im äußerst lukrativen Gamingsektor auszuwerten.

Mit „Mittelerde: Mordors Schatten“ erschien am 2. Oktober 2014 nach mehrjähriger Pause endlich mal wieder ein neues Videospiel mit offizieller Tolkien-Lizenz im Gepäck, und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich den Titel, für den das Kult-Entwicklerstudio Monolith Productions (u.a. „No One Lives Forever“ und „F.E.A.R.“) verantwortlich zeichnet, bis wenige Wochen vor Release quasi überhaupt nicht auf dem Schirm hatte – was so ein einzelner Youtube-Trailer doch ausmachen kann! Nach Fall des Review-Embargos nahm ich die quasi wie die Pilze aus dem Boden schießenden, durchaus großartigen Wertungen der nationalen wie internationalen Videospiel-Fachpresse zur Kenntnis und stellte mir als großer Tolkien-Enthusiast die Frage: Sollten es Monolith und Publisher Warner Bros. Games tatsächlich hinbekommen haben, erstmals seit Anbeginn der Zeit ein nicht nur grafisch ansehnliches, sondern gleichwohl auch spielerisch gehaltvolles „Der Herr der Ringe“-Videospiel auf die Beine zu stellen?

Mittelerde: Mordors Schatten
2014, Action-Rollenspiel, PlayStation 4
Monolith / Warner Bros. Games
www.ShadowOfMordor.com

Spieletrailer

Beschreibung
„Als neue Geschichte, zwischen ‚Der Hobbit‘ und ‚Der Herr der Ringe‘ angesiedelt, bietet ‚Mittelerde: Mordors Schatten‘ eine dynamische Next-Gen-Spielwelt dank des Nemesis-Systems. Jeder Gegner, dem der Spieler begegnet, ist ein Individuum mit eigener Persönlichkeit, Stärken und Schwächen. Die Gegner werden durch ihre Begegnungen mit dem Spieler geprägt, und je nach Spielverlauf entstehen ganz persönliche Feindschaften. Der Spieler steht vor der Aufgabe, jedem der sehr verschiedenen Gegner geistig überlegen zu sein, ihre Reihen zu unterwandern und in der dynamischen Spielwelt, die sich durch seine Handlungen und Entscheidungen verändert, die Oberhand zu gewinnen.“ – Quelle

Review

Man nehme die offene, komplett nach eigenem Gutdünken erkund- und erkletterbare Spielwelt von Ubisofts „Assassin’s Creed“, mixe sie mit dem spaßigen Kampfsystem der von Rocksteady entwickelten „Batman Arkham“-Reihe und würze das ganze mit einer der nach wie vor stärksten fiktionalen Lizenzen aller Zeiten – und heraus kommt „Mittelerde: Mordors Schatten“. Es ist wirklich nicht von der Hand zu weisen: Monoliths neuestes Game mutet oberflächlich betrachtet oftmals an wie ein Abklatsch konkurrierender Titel. Doch wie heißt es so schön: lieber gut geklaut als schlecht selbstgemacht. Und in der Tat: „Mittelerde: Mordors Schatten“ ist ein wirklich launiges Action-RPG, das mir persönlich so viel besser gefällt als das imho recht seelenlose „AC: Black Flag“ oder der x-te „Batman“-Aufguss. Warum dem so ist…

Nun ich liebe die „Der Herr der Ringe“-Trilogie, würde mich als großen Fan von Tolkiens phantastischen Werken bezeichnen, und bin äußerst angetan von den inzwischen fünf Jackson-Verfilmungen. Wie eine solche beginnt auch „Mordors Schatten“: Der Held Talion wird hintergangen, seine Frau und sein Sohn von Saurons korrupten Schergen abgeschlachtet. Auch Talion selbst muss alsbald ins Gras beißen, doch das Schicksal scheint mit seinen Tod nicht ganz einverstanden zu sein und lässt ihn in einer Welt zwischen jener der Lebenden und dem Jenseits wandeln. Dort trifft er auf einen mysteriösen Elbenschmied, der einst vor Urzeiten dem selben Schicksal anheim gefallen ist. Zusammen machen sie sich auf, an ihren Peinigern Rache zu nehmen und den Tod ihrer Liebsten zu vergelten. – Klingt auf den ersten Blick erst einmal nach einer dichten Ansammlung bewährter Hollywood-Klischees: Der einsame Rächer, der wundersam von den Toten zurückgekehrt ist, zudem ein mysteriöser Begleiter. Aber mein Gott, wenn man sich erst einmal drauf einlässt und akzeptiert, dass das Game nicht den tiefsten Plot aller Zeiten sein Eigen nennt, erwartet den geneigten Spieler eine durchaus packend erzählte, zwischen den Geschehnissen aus „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ angesiedelte Geschichte im Tolkien-Universum, die zwar bis auf eine prominente Ausnahme – den Ghul Gollum, dessen Auftritt im Spiel ich persönlich jedoch als recht aufgesetzt empfunden habe – gänzlich ohne bekannte Gesichter auskommt, jedoch trotzdem größtenteils zu überzeugen weiß. Denn: Tolkien ist weit mehr als „Der Herr der Ringe“ und „Hobbit“ – wahre Fans des Meisters sind sich dem bewusst. Ein großes Manko der Handlung ist leider die Abstinenz eines echten, greifbaren Gegenspielers. Das schiere Wissen allein, dass der dunkle Herrscher Sauron irgendwo in seiner Festung vor sich her sinniert, wie er die Welt zu unterwerfen und ins Chaos zu stürzen vermag, war mir dann doch ein wenig arg dünne.

Dabei steht es dem Spieler Dank der offenen Spielwelt komplett frei, ob er ausnahmslos sich der 20 Missionen umfassenden Haupthandlung von „Mittelerde: Mordors Schatten“ widmet, oder ab und an auch Neben- und Sammelaufträge abseits des roten Handlungspfades absolviert. Letzteres ist definitiv zu empfehlen – obwohl sich die Missionen Marke „töte X“, „sammle Y“ oder „erreiche Wegpunkt Z“ recht schnell wiederholen -, da erledigte Missionen mit reichlich Erfahrungs- und Skillpunkten goutiert werden, die wiederum in die Entwicklung des Protagonisten investiert werden können. Wie bereits in WB Games „Batman: Arkham“-Reihe lassen sich peu á peu neue Fertigkeiten und Waffenverbesserungen freischalten, mit denen die zahlreichen Kämpfe gegen Saurons schier endlose Legionen von Ork-Schergen gleich noch mehr Freude bereiten. Nahkämpfer lassen Skillpoints bevorzugt in neue ausgefallene Schwert- und Dolch-Fähigkeiten fließen, während all jene, die ihre Feinde lieber von etwas weiter weg aufs Korn nehmen, vor allem Talions Bogenfähigkeiten priorisieren sollten. Ich habe für meinen Helden eine ausgewogene Skillung bevorzugt und bin damit größtenteils gut gefahren. Alle drei Waffen – Talions Schwert, der Dolch und sein Elbenbogen – lassen sich zudem später im Spiel mittels spezieller Runen verbessern, die ausschließlich von Ork-Anführern und -Häuptlingen erbeutet werden können. Besagte Ork-Kriegsherren sind ein wichtiger Bestandteil des Gameplays von „Mittelerde: Mordors Schatten“, durch den sich der Titel von den eingangs erwähnten konkurrierenden Reihen unterschiedet – ein echtes Alleinstellungsmerkmal!

In der Welt von Mordor laufen nämlich nicht nur allein namenlose Orks umher, sondern zudem auch höherrangige Kriegsherren. Diese unterscheiden sich nicht nur dadurch von den ihnen untergebenen Massen, dass sie nach ihrem Ableben eine spezielle Kampfrune zurücklassen, sondern auch durch ihre komplett eigene Persönlichkeit. Sie haben einen einzigartigen, Ork-typischen Namen und nennen eine unverwechselbare Optik sowie einzigartige, speziell auf sie zugeschnittene Stärken und Schwächen ihr Eigen, deren Kenntnis im Kampf ein wichtiger Eckpfeiler zum glorreichen Sieg sein kann. Golgash der Brauer ist etwa ein stämmiger, nicht gerade wieselflinker Ork-Verschnitt, treibt sich bevorzugt in der Nähe von leicht entflammbaren Grog-Fässern herum und nennt eine Abneigung gegen Feuer sein Eigen. Darüber hinaus gerät er in Wut, wenn sich ein bestimmter Mitkonkurrent auf den nächsthöheren Häuptlingsrang in der Gegend aufhält. Ragnar der Wiedergekehrte nennt die nicht ganz unerhebliche Kampfeigenschaft sein Eigen, dem Tod in der allerletzten Sekunde doch noch einmal von der Schippe (oder Sichel) zu springen, hat hohe Wiederstände gegen hinterrücks ausgeführte Schleichangriffe, dafür kann jedoch ein perfekt zwischen seine schuppigen Augen platzierter Pfeil von außerhalb seiner Sichtweite wahre Wunder bewirken. Insgesamt treiben sich zwanzig einzigartige Ork-Anführer in den sumpfigen Landen Mordors herum (eigentlich 40, da die Handlung in zwei voneinander getrennten Abschnitten angesiedelt ist), zudem wären da noch die höheren Häuptlinge, die um einiges härter zu knacken sind. Um noch einmal auf die Runen zur Verbesserungen von Talions Waffen zurück zu kommen: Grundsätzlich gilt: Je herausfordernder der Kampf, je mehr Schwachstellen seines Gegners ausgenutzt wurden, desto hochwertiger fällt die Belohnung aus. Im Falle einer Niederlage, sprich: Sollte Talion in einem Kampf ins Gras beißen, levelt sein Niederstrecker hoch, erhält neue Fähigkeiten und wird dadurch beim nächsten Aufeinandertreffen ein noch schwieriger beizukommender Kontrahent. Später im Spiel ist es Talion sogar möglich, die Anführer der Schwarzen Hand zu unterwerfen und sich so Schritt für Schritt eine kleine Privatarmee zu rekrutieren. – Ein wirklich großartiges, motivierendes System, das ich in dieser Form noch in keinem vergleichbaren Spiel entdeckt habe!

Überhaupt die Spielwelt: Gut und gerne 2/3 des Spiels finden in Udûn, den matschigen Grenzlanden Mordors, in unmittelbarer Nähe zum imposanten, aus den „Der Herr der Ringe“-Filmen bekannten Grenzwall statt. Ungefähr zur Halbzeit der Hauptstoryline wird ein bis dato nicht erreichbarer Teil Mordors freigeschaltet: Núrnenmeer. Hüben wie drüben prägen Matsch und wenig Grün, alte verfallene Ruinen und pompöse Ork-Festungen das Bild. Eingerahmt wird die Szenerie von beinahe schon einschüchternden Bergketten. Leider ist es nicht so, dass Talion wie der Held in Bethesdas RPG-Meisterwerk „Skyrim“ wirklich jeden Punkt in der Ferne auch erreichen kann. Das Areal ist zwar groß, allerdings bei weitem nicht so groß und detailliert gestaltet wie in der genannten Genre-Referenz. Dieser Umstand allein machte mir beim Zocken so ein bisschen die Immersion kaputt, dass ich mich in einer großen, offenen Welt befinde. Man weiß zwar, dass da viel Raum für potenzielle Abenteuer ist, allerdings stellte sich bei mir nur äußerst selten das Gefühl von Weite, von echter Freiheit ein. Die Spielwelt wirkte auf mich schlichtweg nicht ausladend – wenngleich es durchaus zehn Gehminuten (je nachdem, wie viele Feinde sich einem in den Weg stellen) benötigte, um von dem einen entlegensten Punkt der Karte zum anderen zu gelangen. Vorausgesetzt, Talion nutzt nicht die zahlreichen Schmiedetürme, deren Beschlagnahmung ähnlich wie bei „Assassin’s Creed“ einen Teil der Karte aufdeckt und die ihm zudem bei Bedarf als praktische Schnellreisepunkte dienen.

Nichtsdestotrotz ist es den Jungs und Mädels von Monolith gelungen, eine glaubwürdige, atmosphärisch dichte, aber eben nicht perfekte Welt zu erschaffen, in der ich gerne Abenteuer erlebt und mir mit nicht enden wollenden Heerscharen von stinkenden Orks und deren Häuptlingen Schwertduelle geliefert habe. Die Orks im Spiel scheinen zu einem gewissen Maße einen festen Tagesablauf zu besitzen: Früh am Morgen geht es auf große Patrouillentour, mittags wird der erste Grog (das Lieblingsgetränk der Orks) gekippt und im Kreise Gleichgesinnter von angeblichen Heldentaten im Kampf gegen den Waldläufer (gemeint ist der Protagonist Talion) schwadroniert, und bei untergehender Sonne sitzen sie am Lagerfeuer und harren der Dinge, die die Dunkelheit mit sich bringen mag. Atmosphärisch gemacht, schade ist dennoch, dass die Tageszeit sich nicht dynamisch ändert, sondern ausschließlich bei Schnellreisen von A nach B oder zu Beginn einer neuen Mission. Gleiches gilt für das Wettersystem des Spiels: Angefangen von strahlendem Sonnenschein, frühmorgendlichem Bodennebel bis hin zu Regenschauern und sogar dem ein oder anderen Gewitter wird der Held mit nahezu allen erdenklich Witterungen konfrontiert. Nur ist auch das implementierte Wettersystem kein dynamisches. Auf Regen folgt also nicht direkt wieder Sonnenschein, sondern erst nach Beendigung der aktuell laufenden Mission oder der Nutzung eines Schnellreisepunkts.

Ebenfalls nicht gänzlich gelungen ist den Entwicklern die künstliche Intelligenz der Gegner: Diese bewegt sich zwar auf dem gewohnten Niveau von „Assassin’s Creed“ und der „Batman“-Reihe von WB Games, wobei ich die Vermutung habe, dass lediglich das hauseigene System aus „Batman“ implementiert wurde. Würde sich anbieten, bliebe schließlich in der Familie. Doch im Jahr 2014 ist es schlicht und ergreifend nicht mehr zu verschmerzen, dass Gegner strunzdoof in der Gegend herumstehen und der Protagonist einen nach dem anderen über den Jordan schicken kann, ohne dass es den zehn Meter weit entfernt stehenden Wachposten tangiert. Auch die Tatsache, dass Schleichangriffe in nahezu jedem Fall gelingen, spricht nicht unbedingt für eine starke Gegner-KI.

Zudem schien mir auch das Respawn-System von „Mittelerde: Mordors Schatten“ verbuggt zu sein. Ein krasses Beispiel: Talion sollte einen der Kriegshäuptlinge um die Ecke bringen, doch bis der sich zeigt, galt es erst einmal drei seiner Gefolgsleute auszuschalten – mit Schleichangriffen von oben und wohlgemerkt ohne Alarm auszulösen. Das Areal, eine Ork-Festung, war schwer bewacht. Doch unmittelbar vor den Toren hatten die Orks ein kleines Holzfäller-Camp aufgeschlagen, in dem ich schnell Talions erstes Opfer erspähte. Ich beschloss dieses „mitzunehmen“, solange sich die Chance bot. Doch nur wenige Sekunden nach dem Kill tauchte exakt der bereits getötete Ork an derselben Stelle wieder auf – und ich hatte Talions zweites Ziel gefunden. Dies ging quasi ewig so weiter, auch noch nach Beendigung des Auftrags! Das hat mir zwar einen schnellen Missions-Sieg beschert, aus Gründen der Atmosphäre hätte ich mir jedoch einen etwas längeren Respawn-Timer gewünscht. Ähnliches passierte auch an anderen Orten in der Spielwelt: Kaum ausgeschaltet, standen die eben noch mit schmerzverzerrter Fratze in sich zusammengebrochenen Schergen schon wieder da als wäre nichts gewesen.

Leider scheinen Orks, was ihre Berufsauswahl anbelangt, relativ festgelegt zu sein: Die einen schwingen sich zum Kriegsherr auf – und die dumpfe Masse strebt die Karriere eines Nahkämpfers oder Bogenschützen an – oder wird maximal Berserker, ein besserer Speerkämpfer, welcher zusätzlich noch ein gigantisches Turmschild mit sich durch die Gegend schleppt. Während Bogenschützen lediglich aufgrund ihres großen Sichtkegels eine gewisse Gefahr darstellen, sind die normalen Nahkämpfer Dank gutem Kampf- und Zielsystem ausschließlich im Rudel von mehr als acht, neun Orks gefährlich. Ein wenig trickreicher muss Talion zur Sache gehen, wenn ein Berserker auf den Plan gerufen wird. Der ist Dank seines Schilds immun gegen Attacken von vorn. Spieler, die sich im Vorfeld ihre Gedanken gemacht haben, wie sie den Protagonisten richtig zu skillen haben, dürften jedoch auch mit diesen Gesellen keine allzu großen Probleme haben. Zudem treiben in Mordor Ghule, Bergtrolle sowie Caragors, alles und jeden zerfleischende Raubtiere ihr Unwesen. Letztere dienen unserem Helden zudem bei entsprechender Gelegenheit als Reittier.

Die Steuerung geht noch kurzer Eingewöhnungszeit recht eingängig von der Hand und dürfte niemanden, der schon einmal mit einem Assassinen oder gar Batman himself das ein oder andere Abenteuer durchlebt hat, vor große Probleme stellen: Mit dem Quadrat wird ein normaler Schwertstreich ausgeführt, per Dreieck kann Talion gegnerische Angriffe blocken – was auch erstaunlich gut funktioniert, da er sofort auf die Eingabe reagiert und nicht erst eine eventuelle Animation zuende abspult. Mit der Kreistaste kann er Feinde blenden, was diese anfällig macht für kraftvolle Schlagfolgen. Durch lange Komboserien werden zudem zwei Spezialattacken verfügbar: Zum einen eine Blendattacke, die alle Gegner im unmittelbaren Umfeld zeitweise außer Gefecht setzt, zum anderen die sofortige Exekution des gerade anvisierten Feindes. Schleich- und Bogen-Angriffe werden über die R2- und L2-Tasten getriggert. Apropos Exekution: wirklich gut gefallen hat mir das sogenannte „Last Chance“-System des Titels: Nicht jeder Kampf kann gewonnen werden und auch Talion wird über kurz oder lang ins Gras beißen, doch im Moment vor dem finalen Hieb seines Kontrahenten wird ihm dankenswerterweise eine letzte Chance zugestanden, das Blatt per launigem Quicktime-Event doch noch zu seinen Gunsten zu wenden. – Bleibt festzuhalten: Je spektakulärer ein Ork ins Gras beißt, mit desto mehr Erfahrungs- und Skillpunkten wird Talion am Ende des Kampfes belohnt.

„Mittelerde: Mordors Schatten“ ist kein sogenannter Next-Gen-Titel, wurde also nicht explizit für die neue Konsolengeneration um Sonys PlayStation 4 und die Xbox One von Microsoft konzipiert und entwickelt. Nichtsdestotrotz schaut das Game für einen Multiplattform-Titel wirklich großartig aus. In der Regel scharfe Texturen, eine hohe Weitsicht, die fast ohne nervige Popups (das Nachladen von Szenerie und Objekten in Sichtweite des Charakters) auskommt und Charaktermodelle, in deren Kreation die Macher eine Menge Herzblut haben einfließen lassen. Insbesondere Talion und die Kriegshäuptlinge schauen geradezu fantastisch aus, wurden meist geschmeidig animiert und nennen, auch im Deutschen, eine superbe Vertonung ihr Eigen – dazu gleich mehr. Auch die Licht- und Wettereffekte des Spiels können sich definitiv sehen lassen: Bodennebel wabert über die meistens matschige Erde Mordors, Regentropfen prallen physikalisch einigermaßen korrekt an Überflächen auf. Steht die Sonne am Firmament wird die Welt von Mordor in wohlig warme Farben gehüllt. Das wirkt schon alles sehr, sehr rund und ansehnlich!

Auch die Soundkulisse des Spiels weiß zu überzeugen: „Mittelerde: Mordors Schatten“ hat von Monolith und WB Games eine der besten Videospiel-Synchronisationen spendiert bekommen, die mir bis dato untergekommen sind – und das sind einige! Die Synchronsprecher wurden durch die Bank passend besetzt, und bevor jemand kritisch nachfragt: Gollum wird – natürlich – wie in „Der Herr der Ringe“-Trilogie und den neuen „Hobbit“-Filmen gewohnt großartig von Andreas Fröhlich intoniert. Auch die umherstreifenden Orks und dessen Kriegsherren haben so dermaßen viele, teils wirklich witzige Mono- und Dialoge spendiert bekommen, dass eine Wiederholung nur äußerst selten vorkam. Leider wurde es verpasst, dem „Mordors Schatten“ einen mitreißenden Soundtrack zu komponieren, der über das übliche Kampfgedudel, wie man es aus vergleichbaren Titeln kennt, hinausgeht. Nein, ich hatte kein epochales Meisterwerk wie Enyas „May It Be“ erwartet, nur eben etwas, das in Erinnerung bleibt. Es wäre dem Spiel angemessen gewesen.

Fazit

Es ist vollbracht: Mit „Mittelerde: Mordors Schatten“ ist Monolith Productions das bisher für annähernd unmöglich gehaltene Kunststück gelungen, ein in nahezu jeder Hinsicht großartiges, in J.R.R. Tolkiens Fantasy-Universum angesiedeltes Videospiel auf die Beine zu stellen! Wie eingangs erwähnt: Einige Gameplay-Elemente mögen an die etablierte Konkurrenz um „Assassin’s Creed“ und die hauseigene „Batman: Arkham“-Reihe erinnern. Nichtsdestotrotz verleiht die starke Lizenz sowie eigene Ideen wie das großartige und spielerisch sinnige Hierarchie-System sowie die tolle, beinahe filmreife Inszenierung der Ork-Häuptlinge dem Titel viel Eigenständigkeit und Seele. Die erzählte Geschichte ist interessant und weiß auch ohne bekannte Charaktere in ihren Bann zu ziehen. Wer schon immer mal in den Grenzlanden von Mordor Abenteuer erleben und massenhaft Orks schnetzeln wollte und dabei durchweg gut unterhalten werden möchte, liegt mit „Mittelerde: Mordors Schatten“ goldrichtig!

OlliOlli

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