Lords of the Fallen_

5. November 2014          Review          "Werbung"
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Erinnert sich noch jemand an Scarlett, die mit messerscharfen Sicheln bewaffnete Heldin wider Willen aus dem von Deck 13 Interactive entwickelten Action-RPG „Venetica“? Der Titel war seinerzeit eines meiner ersten großen Let’s-Play-Projekte und ganz nebenbei das erste Videospiel der Frankfurter Entwicklerschmiede, das es in meine Videospielsammlung geschafft hat. Und obwohl „Venetica“ so einige Ecken und Kanten sein Eigen nannte – quasi im krassen Kontrast zur Protagonistin, die alles in allem mit wohlproportionierten Rundungen und einem gewissen südländischen Charme zu überzeugen wusste -, fand ich das Game ziemlich großartig. Ich verglich es damals des öfteren mit einem Rohdiamanten, der nur darauf wartet, den richtigen Schliff verpasst zu bekommen. Auf eben diesen wartet der Titel nach wie vor, denn ein finaler, alle Bugs ausmerzender Patch ist bekanntlich nie erschienen.

Fast ein halbes Jahrzehnt musste ins Land ziehen, bis ich wieder mit Deck 13 Interactive in Berührung kam. Auf der diesjährigen Gamescom im schönen Kölle am Rhing präsentierten die Frankfurter ihr neues Baby „Lords of the Fallen“, das sie in Kooperation mit dem polnischen Studio City Interactive Games entwickelt haben. Von einem „‚Dark Souls‘ aus Deutschland“ war im Rahmen der Messe und darüber hinaus immer mal wieder die Rede. Und tatsächlich: Zumindest oberflächlich betrachtet sind die Ähnlichkeiten zu FromSoftwares RPG-Meisterwerk und dessen imho noch einen Ticken gelungenerem Nachfolger nicht von der Hand zu weisen. Taktische Kämpfe, eine dünne, bzw. nicht gewohnt offensichtlich vorangetriebene Handlung und Gameplay, welches die geneigte Spielerschar zur Abwechslung mal wieder so richtig fordern soll, quasi wie in der guten alten Zeit, als Casual noch ein nicht gekanntes Fremdwort war und Videospiele noch ein hartes Stück Arbeit und weniger Vergnügen – ja doch, das klingt schon sehr nach einer Hardcore-Erfahrung á la „Dark Souls“. Außerdem: Warum sollte aus deutschen Landen auch zur Abwechslung mal wieder etwas Eigenes, etwas Innovatives kommen?

Doch wie sagt der Volksmund so schön: Lieber gut geklaut, als schlecht selbst gemacht. Und so landete „Lords of the Fallen“ schließlich doch auf meiner Pre-Order-Liste, was allerdings auch nicht unmaßgeblich dem Umstand geschuldet war, dass From Softwares ähnlich gearteter PS4-Exklusivtitel „Blood Borne“ noch mindestens bis ins Frühjahr 2015 auf sich warten lässt. Ob „Lords of the Fallen“ wirklich zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für das japanische Original avanciert oder letzten Endes lediglich ein seelenloser „Dark Souls“-Klon geworden ist, klärt meine gewohnt ausführliche Review zu der am 28. Oktober 2014 erschienenen deutschen Verkaufsversion (Limited Edition) von „Lords of the Fallen“.

Übrigens: Den penetrant gebrachten Vergleich mit der „Souls“-Reihe müssen sich die Macher ohne Wenn und Aber gefallen lassen. Wer im Vorfeld des Releases den ein oder anderen Entwickler-Walkthrough verfolgt hat, wird sicherlich wissen, dass insbesondere die Jungs und Mädels von CI Games „Lords of the Fallen“ immer wieder Vergleiche mit dem augenscheinlichen großen Vorbild gezogen haben.

Lords of the Fallen
2014, Action-Rollenspiel, PlayStation 4
CI Games & Deck 13 Interactive / Koch Media
www.LordsOfTheFallen.com

Spieletrailer

Beschreibung
„In ‚Lords of the Fallen‘, dem neuesten Action-RPG von Deck13 und CI Games, übernimmst du die Kontrolle über Harkyn, einem verurteilten Verbrecher. Verstoßen und gebrandmarkt, kämpfst du für eine Welt, in der nichts vergeben und vergessen wird. Du bist die letzte Hoffnung der Menschen, um die Welt vor den zurückkehrenden Lords zu retten. Aber Hoffnung auf deine Erlösung gibt es nicht.“ – Quelle

Kritik
Ich war hoch motiviert, hatte mir im Vorfeld noch schnell ausreichend Coke und Chips organisiert und war sowas von bereit, mich ins Abenteuer zu stürzen. Doch dann kam, was in solchen Situationen in neun von zehn Fällen immer kommt, nämlich etwas gänzlich Unerwartetes. Und zwar der inzwischen beinahe schon obligatorische Launch-Patch, mit dem ich so gar nicht gerechnet hatte, – zumindest nicht mit einem Kaliber dieser Größe: Stattliche 4,9 Gigabyte an Patch-Daten wollten erst einmal heruntergeladen werden, was bei unserer ländlich bedingten Vodafone 16.000er DSL-Leitung schon mal ein Weilchen dauern kann. Hatte mich sowieso gewundert, wie es denn sein kann, dass das komplett installierte Spiel auf der Festplatte meiner PlayStation 4 lediglich 5,1 GB beansprucht, was weniger gewesen wäre als so manches Last-Gen-Spiel auf der good ol‘ Xbox 360. Ich möchte an dieser Stelle nun keine Grundsatzdiskussion zu dem Thema starten, nur so viel sei angemerkt: In meinen Augen ist es ein geradezu ekelhafter Trend, Videogames scheinbar unfertig ins Presswerk zu geben, so nach dem Motto: die Käufer können sich den fehlenden Rest dann ja per Internet besorgen, dem bedauerlicherweise immer mehr Entwickler folgen. Früher noch wurden allen voran an Konsolenspiele hohe Qualitätsstandards angelegt, mittlerweile folgt man dem diskutablen PC-Vorbild… – sehr traurig!

„Lords of the Fallen“ beginnt mit einer hübschen Cutscene, in deren Rahmen Harkyn, der Held der Geschichte, imposant eingeführt wird, indem er es mit einem dicken Monsterbrocken aufnimmt, nur um sich in eine verlassene Kapelle zu flüchten, wo sein Abenteuer beginnt und der Spieler die Kontrolle übernimmt. Harkyn, so musste ich recht bald feststellen, vereint so ziemlich jedes Klischee auf sich, mit dem man einen Protagonisten in einem düsteren Fantasy-Rollenspiel ausstatten kann: als da wären eine undurchsichtige Vergangenheit, Glatze, kryptische Tätowierungen auf der bereits recht betagten Stirn und den Wangen, und grundsätzlich ist der Gute dann noch total mürrisch drauf, was ihn ja schon mal zu einem echten Sympathieträger macht. Auch die Nebencharaktere wurden dem selben ausgelutschten Schema huldigend konzipiert: Harkyns Begleiter, ein mysteriöser Magier namens Kaslo, könnte auch ein verschollener Zwillingsbruder von Gandalf aus Peter Jacksons „Der Hobbit“- und „Der Herr der Ringe“-Filmen sein, und die mit einer gehörigen Portion Schicksal ausgestattete Abenteuerin Yatka ist eine brünette Schönheit, standesgemäß nicht auf den Mund gefallen und wäre unserem Protagonisten gegenüber natürlich auch absolut nicht abgeneigt, wenn, ja wenn dieser nicht so abweisend wäre. – Typisch! Alles in allem sind die Charaktere in „Lords of the Fallen“ sehr flach angelegt und mit wenig Tiefgang ausgestattet, in meinen Augen schlicht uninteressant und austauschbar. Zudem findet im Verlauf der Geschichte, die ebenfalls dem klassischen Schema-F „Gut gegen Böse plus Twist gegen Ende“ folgt und sich weitestgehend platt und vernachlässigbar gestaltet, kaum eine bemerkenswerte Weiterentwicklung der Charaktere statt, so dass ich irgendwann aufgehört habe, mich auf die Welt und ihre noch verbliebenen Bewohner einzulassen und lieber zum gepflegten Dämonen… pardon Rhogar-Kloppen übergegangen bin.

Was schade ist, denn Handlung und Lore gibt es in „Lords of the Fallen“ eine Menge zu entdecken – auch wenn einige oberflächliche Tester anderes behaupten: Wie schon in „Dark Souls“ wird das Gros der Geschichte nämlich nicht in Zwischensequenzen präsentiert, sondern subtil im Hintergrund weiter erzählt, beispielsweise über versteckte Lore-Texte. Diese finden sich unter anderem auf gefundenen Waffen sowie auf von um die Ecke gebrachten Monstern aufgeklaubten Ausrüstungsgegenständen, oder wurden in Form von sammelbaren Schriftrollen überall in der Welt versteckt. Letztere werden übrigens wie schon damals in Looking Glass Studios‘ RPG-Klassiker „System Shock“ und zuletzt unter anderem in „Diablo III“ von wechselnden, durchaus gut ausgewählten Sprechern vorgelesen, die Ausrede von wegen zu viel Textinput gilt also nicht. Dann und wann wird die Handlung auch ganz klassisch in Form von Dialogen weitergesponnen. Diese präsentieren sich größtenteils als stocksteife Angelegenheit, ganz so, wie man dies aus anderen deutschen Spielen wie beispielsweise der von Piranha Bytes verantworteten „Gothic“-Reihe kennt. Der Sinn der stets offerierten Multiple-Choice-Dialogoptionen hat sich mir bis zum Ende nicht so ganz erschlossen, da bis auf wenige Ausnahmen sowieso alle verfügbaren Optionen durchgeklickt werden müssen, um eine neue Mission zu triggern. Löblich, weil leider nach wie vor nicht für alle Entwickler selbstverständlich: In Zwischensequenzen, zumindest jenen, welche direkt in der Spielegrafik ablaufen, trägt Harkyn tatsächlich die vom Spieler angelegte Ausrüstung.

Ein Großteil der Handlung von „Lords of the Fallen“ ist auf einem alten, beeindruckend detailliert ausgestalteten, erschreckend atmosphärischen Klosterareal angesiedelt, das ebenfalls frappierende Ähnlichkeiten zur ein oder anderen Szenerie aus dem großen japanischen Vorbild aufweist. Ungefähr zur Halbzeit verschlägt es den Helden dann erstmals ins düstere, optisch ebenfalls wirklich beeindruckend in Szene gesetzte Reich der Rhogar. Spätestens hier dürfte dann auch der orientierungsfreudigste Zeitgenosse mangels grundsätzlich fehlender Minimap gesteigerte Probleme mit der korrekten Wegfindung bekommen. Obwohl sich die Größe des begeh- und erforschbaren Areals im Grunde genommen in ziemlich eng gefassten Grenzen hält, stehen dem Spieler meistens mehrere Wege (lies: Schlauchlevel) offen, die zum Ziel der aktuellen Aufgabe führen. Und diese Auswahl sollte man auch nutzen, denn überall in der Welt warten Schätze auf ihren glücklichen Finder und mehr oder minder spannende Nebenmissionen darauf, absolviert zu werden. Insbesondere im Rhogar-Gebiet scheinen jedoch alle Gebiete untereinander verbunden zu sein, weshalb – zumindest bei mir – der innere Kompass zeitweise verrückt gespielt hat. Die teilweise recht unpräzise formulierten Missionsanweisungen taten ihr übriges dazu, dass ich mich nicht nur einmal verlaufen habe. So hieß es oft, der und der Rhogar-Lord solle doch bitte als nächstes ins Gras beißen, nur wurde man im Unklaren gelassen, wo eben dieser zu finden ist. Insbesondere gegen Ende des Spiels bin ich auf der Suche nach dem Boss mehrmals annähernd ziellos durch die komplett leeren Areale gelaufen. Den Architekten der Dämonenfestung mit ihren zig Etagen, verwirrenden Gängen und grundsätzlich verschlossenen Türen und Portalen, für die man erst anderswo einen entsprechenden Schlüssel auftreiben muss um sie öffnen zu können, sollte man am höchsten Baum der Stadt aufknöpfen! Kein Wunder, wie die vom Entwicklerteam propagierte Spielzeit von 15 Stunden zusammengekommen ist.

Nebenquests gibt es in „Lords of the Fallen“ übrigens auch – und davon gar nicht mal so wenige. Einmal soll Harkyn beispielsweise einem verstört wirkenden Mönch in seiner misslichen Lage unter die Arme greifen, ein andermal will eine fiese giftspuckende Bestie erlegt werden, die sich im Quartier der Klosterwachen eingenistet hat. Wirklich wichtig sind lediglich Nebenaufträge, die Harkyn von Zeit zu Zeit von erwähnter sexy Yatka angeboten bekommt, denn diese wirken sich im finalen Abschnitt des Spiels ein wenig auf den Verlauf der Storyline aus, was definitiv cool ist! Es würde mich im Übrigen keineswegs überraschen, wenn demnächst noch ein eigenes kostenpflichtiges DLC nachgereicht werden würde, welches sich gänzlich um Yatkas Geschichte dreht. Bietet sich halt eben an.
Zahlreiche Rätsel im Spiel entpuppen sich lustigerweise über kurz oder lang als in der Regel hochgradig simple Schalter- und Hebelrätsel. Verschlossene Klostertore und selbst einfachste Durchgangstüren werden per fettem Hebel geöffnet, auch Plattformen werden auf diese Weise hochgefahren und selbst einer der Bosse wird per umgelegtem Hebel auf den Plan gerufen. Die beiden Teams von Deck 13 und CI Games scheinen sich zu großen Teilen aus fanatischen Hebel-Fetischisten zusammenzusetzen, anders kann ich mir diese in einer unfassbaren Frequenz ausgelebte Glorifizierung des allseits bekannten Videospiel-Wandhebels nicht erklären!

Wer sich abseits der Missionspfade ein wenig die Zeit vertreiben will, kann dies mittels spezieller, überall in der Spielwelt versteckter Portale tun. Diese öffnen sich erst, wenn der Bossgegner eines Areals gelegt wurde und stellen Harkyn vor sich stetig wechselnde Herausforderungen – die ausnahmsweise mal nichts mit Hebeln zu tun haben. Von Aufgaben á la „besiege alle Monster“, über „folge dem Irrlicht“, bis hin zu knallharten Arena-Wettkämpfen gegen immer schwerer zu besiegende Monsterwellen, warten in den Portalen noch zig weitere Herausforderungen darauf, vom Helden Harkyn angegangen zu werden. Nichts Weltbewegendes, aber spaßig sind die Aufgaben allemal, zumal bei erfolgreicher Absolvierung eine fette Belohnung winkt!

Kommen wir zum wohl grundlegendsten Spielelement von „Lords of the Fallen“, dem Kampfsystem. Dieses ähnelt dem von „Dark Souls“ quasi wie ein Ei dem anderen, ist jedoch rudimentär physikbasiert, was ihm eine gewisse Schwere verleiht. Grundsätzlich wirken sich sowohl die ausgerüstete Waffe(n) als auch die Ausrüstungsgegenstände auf das Kampfverhalten und die länge der Animationen aus. Wer als „Panzer auf zwei Beinen“ durch die Levels rennt, muss mit langsamen Bewegungen und Attacken des Helden rechnen, was logisch ist, denn ein fettes Breitschwert schwingt sich nun mal nicht so zügig. Wer sich hingegen mit leichter Rüstung ausgestattet und zwei Dolchen auf Monsterjagd begibt, teilt in der Regel ordentlich Schaden aus, vermag allerdings nicht allzu viel einzustecken. Das Timing der Attacken und Blocks bestimmt zudem ihre Effektivität, sprich: wie viel Schaden sie verursachen, respektive absorbieren und wie viel Energie – die einzige nennenswerte Ressource im Spiel – Harkyn im Gegenzug aufbringen muss, um sie auszuführen. Ein System, das man sich wohl von Peter Molyneux‘ „Fable“-Franchise geliehen hat. Wie dem auch sei: Button-Masher kommen in „Lords of the Fallen“ jedenfalls nicht sehr weit!
Mithilfe eines Magiehandschuhs, der vom Held relativ früh im Spiel gefunden wird, kann zudem bei Bedarf exzessiv Fernkampf betrieben werden. Zwei optionale Modi schubsen Gegner weg, bzw. halten sie für eine begrenzte Zeit an Ort und Stelle gefangen. Meiner Meinung nach wirkt der Magiehandschuh wie ein aufgesetztes Spielelement, das kurz vor Ende der Entwicklung noch reingenommen wurde, allerdings nie wirklich auf seine Sinnigkeit getestet wurde.
Während ich anfangs noch respektvoll an jeden einzelnen Kampf herangegangen bin, entpuppte sich das von ganz ohne Zweifel von „Dark Souls“ abgekupferte System letzten Endes jedoch als relativ unausgegoren, weshalb sich mein Respekt neuen Monstern gegenüber schon sehr bald in engen Grenzen hielt. Ich empfand die Auseinandersetztungen grundsätzlich als viel zu simpel. Nach einiger Zeit hat man die oftmals viel zu lang geratenen Animationsfolgen verinnerlicht und weiß, beziehunsweise kann ziemlich gut einschätzen, wann ein bestimmter Gegnertyp welchen Angriff bringen wird und wann er Pausen einlegt, so dass man die eigenen Angriffe zeitlich gut planen kann. Da Gegner nicht mitleveln, ist selbst das nicht mehr nötig, sobald Harkyn Level 35 erreicht hat – „umkreisen und umkloppen“ lautet von dann an die Devise. Stealth-Kills sind zwar grundsätzlich möglich, wirken jedoch alles in allem aufgesetzt.
Größere Schwierigkeiten bereitet könnte einem von da an lediglich noch die störrische Kamera, die oft nicht wie gewünscht aufschaltet und wenn doch, dann meist auf ein Monster, das man just in dem Moment eigentlich nicht anvisieren wollte. Einige Gegnertypen haben zudem mit heftigen Wegfindungsproblemen zu kämpfen, bleiben im Terrain oder auch mal in einem zu engen Türrahmen stecken, woraufhin sie zurück auf ihren Ausgangspunkt spawnen, was nicht selten auch mal mitten im Kampf vorkommen kann. Immens ärgerlich, wenn’s unmittelbar vor dem finalen Todesstoß passiert!

Ein großes Manko des Spiels ist zum einen die geringe Gegnervielfalt, die sich an gerade einmal zehn Fingern abzählen lässt, was relativ zügig in einem nicht gerade dezent repetitiven Spielgefühl mündet, da man sich auf die verschiedenen Typen recht schnell eingestellt hat und für sich herausgefunden hat, wie sie am besten niederzustrecken sind. Und zum anderen wäre da der Umstand, dass die im Vorfeld so in den Himmel gehypten Boss-Encounters bei annähernd jedem nicht gerade mit zwei linken Händen gestraften Gamer nur ein müdes Lächeln hervorrufen dürften – so ging es jedenfalls mir. Das Gros der insgesamt elf Bosskämpfe in „Lords of the Fallen“ sind in mehrere Phasen unterteilt, zumeist derer vier. In jeder mittels abnehmende Lebenspunkte getriggerten Phase erhält der herausgeforderte Rhogar-Lord einen weiteren Angriff hinzu, was ihn – zumindest auf dem Papier – gefährlicher machen und den Fight anspruchsvoller gestalten soll. Nun ja. Analysiert man die einzelnen Kampfverläufe, so fällt auf, dass jeder Boss jeweils eine Nah- und Fernkampf-Attacke sein Eigen nennt, sowie einen speziellen Move, mit dessen Hilfe er zum auf Distanz gegangenen Helden aufschließen oder diesen zumindest stunnen und infolge dessen dann gemütlich attackieren kann. Zudem verlaufen die Kämpfe sehr vorhersehbar, da Bosse immer und immer wieder die gleichen Angriffsfolgen ausführen. Die grundlegenden Angriffs-Animationen mögen sich zwar voneinander unterscheiden, auch die eingesetzten Waffen sowie die grundsätzliche Anmutung des Lords mögen jeweils andere sein, nichtsdestotrotz spielt sich jeder einzelne Boss-Battle ziemlich identisch und lässt sich mit ein und der selben Taktik gewinnen, die da lautet: Auf Distanz gehen und dabei möglichst das gesamte Kampfareal nutzen, den Special-Move abwarten, per Rolle zur Seite ausweichen, in den Rücken des Bosses laufen und drei oder wenn es das Zeitfenster zulässt auch vier Mal mit Nachdruck zuschlagen, anschließend schnell wieder auf Distanz gehen und den Ablauf so lange wiederholen, bis der imposante Rhogar-Lord die Fähre über den Jordan genommen hat. Klingt nicht nur ziemlich stumpf, sondern spielt sich auch exakt so!
Was mir ebenfalls nicht sonderlich gefallen hat: Wer nicht gerade jedes aufgespürte Fetzchen Lore mitnimmt, weiß über die bevorstehenden Bosse so gut wie nichts. Weder werden sie vor Beginn des Schlagabtauschs besonders in Szene gesetzt, noch versuchen sie den Helden in einer kleinen Ansprache herauszufordern oder anzustacheln. – Ziemlich enttäuschend!
Cool: Jeder Boss-Kampf kann auf zweierlei Arten gewonnen werden. Zum einen der Standardsieg, den die meisten Spieler verbuchen dürften, sowie einer, der in besonderer Manier errungen wurde, quasi mit wehenden Fahnen. Allerdings wird dem Spieler nicht mitgeteilt, wie die Siegbedingungen für besagte ehrenhaften Triumphe ausschauen. Schafft man es schließlich doch, darf man sich über überdurchschnittlich guten Loot freuen. Beispielweise über die Waffe des Bosses, die sich durch eine ergänzte magische Eigenschaft von ihrer normalen Ausführung, die man im Falle eines Standardsieges gedroppt wäre, unterschiedet.

Beißt Protagonist Harkyn dann doch einmal ins virtuelle Gras, was bei meinem ersten Playthrough erstaunlicherweise vergleichsweise selten der Fall war, findet er sich in Sekundenschnelle, bzw. nach einer kurzen Ladepause am zuletzt in Anspruch genommenen, feurig rot leuchtenden Speicherkristall wieder, wo nicht bloß die aktuelle Sitzung gespeichert, sondern darüber hinaus auch die von erlegten Monstern erbeuteten Erfahrungspunkte in verbesserte Skills und Zauber investiert und die am Gürtel des Protagonisten befestigten Heiltränke wieder aufgefüllt werden können.
Durchaus eine nette Idee: Wer XP-Punkte tollkühn mit sich herumschleppt, anstatt sie an den Speicherkristallen zu „bunkern“ und somit das Risiko eingeht, diese durch einen schnellen Tod zu verlieren, erhöht dadurch peu á peu seine Chance auf besseren Loot. Je mehr ungesicherte Seelen Harkyn mit sich rumschleppt, desto besser könnte der Loot sein, den der nächste Rhogar bei seinem Ableben hinterlässt. Übrigens: Wer im Falle eines Todes seine Seelenblase nicht sofort wieder einsammelt, profitiert für kurze Zeit in ihrem näheren Umfeld von dezent gepushten Stats, was sich insbesondere bei zähen Boss-Fights als recht nützlich erweisen kann. Ein am linken Bildschirmrand eingeblendeter Timer zeigt an, wie lange noch Zeit bleibt, die erschienene Seelenblase wieder aufzusammeln, bevor sie sich auf nimmer Wiedersehen ins Nirvana verabschieden.

Noch einmal zurück zum Skillsystem von „Lords of the Fallen“: Dieses ist grundsätzlich meilenweit von der beinahe schon irren Komplexität eines „Dark Souls“ entfernt, und präsentiert sich deutlich einsteigerfreundlicher und zugänglicher. Skillpunkte können in insgesamt sechs verschiedene Attribute inventiert werden. Als da wären „Stärke“, „Vitalität“, „Glaube“, „Ausdauer“, „Beweglichkeit“ und „Glück“ – ihre grundsätzlichen Auswirkungen auf das Gameplay sind weitestgehend selbsterklärend.
Je nachdem für welche Klasse man sich zu Beginn des Spiels entschieden hat, sollte man andere Kategorien in den Fokus seiner Skill-Bemühungen setzen. Ein Rouge setzt mehr auf schnelle, geschickte Angriffe mit zwei kleinen Waffen, während der Ritter eher auf schwere Schilde und alles zerbestende Zweihandschwerter oder entsprechende -Kolben vertraut. Der Magier stellt in „LotF“ so etwas wie eine Hybridklasse dar, kommt sie doch sowohl mit schwerer als auch leichter Rüstung und entsprechenden Waffen bestens zurecht. Jede Klasse verfügt zudem über ein eigenes, auf sie zugeschnittenes Set an Zaubersprüchen, welches später im Spiel freigeschaltet werden kann, jedoch zu meiner Verwunderung gar nicht vonnöten ist, um erfolgreich zu sein. Ich für meinen Teil habe jedenfalls nur selten mal einen Zauber bewusst einsetzen müssen, was mich ein wenig am grundsätzlichen Balancing des Games zweifeln lässt.
Grundlegend neu… nein, eher anders ist die Art und Weise, wie man zu neuen Skill- und Fertigkeitspunkten kommt: Im Skillmenü kann per Druck auf den linken oder rechten Bumper festgelegt werden, ob eingesammelte Seelen entweder in neue Zauberpunkte oder doch in Attributspunkte investiert werden sollen, um die oben erwähnten Stats zu verbessern. Die Zuweisung gestaltet sich insofern leicht friemelig, als dass mit Hilfe der Controller-Schultertasten durch die Menüstruktur und das Inventar navigiert wird, was dann und wann mal zur falschen Zuweisung führen kann. Und dies ist dann umso mehr ärgerlich, denn einmal vollzogen kann die Umwandlung von Seelen in Skillpunkte oder Zauber nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Die sonstige Inventarverwaltung geht alles in allem gut von der Hand. Das Charaktermenü ist ähnlich dem aus Blizzards Action-RPG „Diablo III“ als übersichtliches Kreismenü angelegt, genaue Details zu den jeweils angelegten Waffen und Rüstungsgegenständen finden sich unmittelbar rechts daneben. Sehr gefallen haben mir die mit viel Herzblut gestalteten Item-Pics im klassischen Sammelkartenstil, die – im krassen Unterschied zu den durch die Bank eher uninspirierten Itemnamen – richtig was her machen! Da Harkyns Taschen praktischerweise unendlich viel Stauraum für zahllose erbeutete Items bieten, entfällt lästiges Micro-Management und regelmäßiges Verkaufen beim freundlichen Händler von nebenan, was auf Dauer, wie allgemein bekannt sein dürfte, reichlich nerven kann.

Nein, Crafting hat es nicht ins Spiel geschafft. Dafür können Items mit Hilfe des in der Spielwelt herumlungernden Schmieds durch das Sockeln von erbeuteten Runensteine verbessert werden, – zumindest wenn sie dafür geeignet sind und noch unbelegte, jungfräuliche Runenplätze ihr Eigen nennen. Runen gibt es in unterschiedlichen Ausführungen und insgesamt zwei Wertigkeiten. Beispielsweise Gift-, Feuer- und Glücksrunen sowie solche, die die physische Angriffskraft des Helden steigern oder ihn gegen eine bestimmte Schadensart immun, bzw. weniger anfällig machen. Bisschen schade finde ich, dass gesockelte Runen sich nicht durch optische Effekt bemerkbar machen, so wie man dies aus anderen Fantasy-Rollenspielen wie beispielsweise „Dragon Age: Origins“ oder dem unvermeidlichen „World of Warcraft“ her kennt, wo gepimpte Items optisch für jeden sichtbar vor sich hinglänzen, -funkeln, -tropfen und/oder -glühen.
Mithilfe wertiger, besonders seltener Runen können darüber hinaus abgesperrte Türen sowie versiegelte Truhen geöffnet werden, allerdings gehen sie durch diese zweckentfremdete Verwendung unwiederbringlich verloren.

Die Steuerung von „Lords of the Fallen“ folgt nahezu unverändert dem aus „Dark Souls“ bekannten Schema: Die beiden Sticks steuern Harkyns Bewegungen, per Druck auf den linken Stick wird die Kamera auf den Gegner aufgeschaltet, was wie weiter oben geschrieben jedoch nur suboptimal funktioniert. Mit R1 holt der Held zum Schlag aus, hält man stattdessen R2 gedrückt, resultiert dies in einem schweren Schlag, der um einiges mehr Schaden anrichtet, allerdings auch viel mehr Energie verbraucht. Geblockt wird mit L1, ein Schildschlag, mit dem ein allzu naher Gegner geringfügig weggestoßen werden kann, wird per Druck auf L2 ausgelöst.
Durch Drücken der Kreistaste werden alle verfügbaren Zauber durchgeblättert, dasselbe gilt für Heiltränke und Energiesplitter, zwischen denen per Quadrat hin und her geschaltet werden kann. Zum Einnehmen eines Tranks, bzw. Wirken eines Zaubers muss die entsprechende Taste gedrückt und dann gehalten werden, bis die Animation abgespult wurde, was teilweise jedoch nicht korrekt erkannt wird.

„Lords of the Fallen“ ist ein sehr schönes, ansehnliches Next-Gen-Videospiel. Nein, nicht wunderschön, aber mit Sicherheit eines der bestaussehendsten Games auf der PlayStation 4 so far. Da muss man den Machern von Deck 13, die primär für die Entwicklung der Engine verantwortlich zeichnen, und City Interactive Games definitiv ein großes Kompliment aussprechen: Der Aufwand, mit dem die wahnsinnig detaillierten Charaktere, Monster, Waffen und Ausrüstungsgegenstände kreiert und darüber hinaus auch animiert wurden, ist schon sehr beeindruckend! Allen voran die Waffen und Rüstungen, von denen keine der anderen gleicht und die jeweils alle einen anderen thematischen Background ihr Eigen nennen, haben es mir angetan.
Auch die mit viel Fleiß und Liebe zum Detail umgesetzte Welt von „Lords of the Fallen“ weiß zu überzeugen. Ich bin ein großer Fan von mittelalterlich angehauchten Settings, und das Kloster und das naheliegende Umland sind ein echter Hingucker. Genau wie die großartigen Licht- und Wettereffekte. Gleißendes Sonnenlicht bricht durch die vorbeiziehenden Wolken, Bodennebel wabert physikalisch einigermaßen korrekt vor sich hin und wird vom durchlaufenden Helden zur Seite verdrängt. Und auch wenn ich das Rhogar-Reich wegen seines grundlegend unübersichtlichen Aufbaus her verflucht habe, hat es optisch absolut zu überzeugen gewusst. Insbesondere die Hängebrücke und die in der imposanten Rhogar-Festung gelegene Arena sind echte Hingucker!
Jedoch gibt es auch an der Technik so manches zu bemängeln: So läuft „Lords of the Fallen“ scheinbar nicht in nativem High-Definition 1080p, sondern lediglich in 1080i – ein kleiner, aber feiner Unterschied. Zudem leidet das Game, je nachdem in welchem gebiet man unterwegs ist und wie viele Rhogar-Schergen sich gerade im Blickfeld tummeln, unter teils heftigen Rucklern und Slowdowns, die insbesondere bei Bosskämpfen, wo es auf exaktes Timing ankommt, extremst behindern können. Ebenfalls unschön: die regelmäßigen Nachlade-Popups, wenn erst in letzter Sekunde ein Element im Bild auftaucht, bzw. durch eine detailliertere, höher aufgelöste Version ersetzt wird. Ach ja: Location-Recycling sollte man im Jahr 2014 einfach nicht mehr nötig haben, auch als deutscher Entwickler nicht. So bin ich allein in den ersten zwei Stunden gleich vier mal durch einen identisch aufgebauten verfallenen Turm gelaufen, in dem jedes einzelne Mal eine verschlossene Truhe auf mich gewartet hat…

Der ersten Auflage des Games, die marketingtechnisch clever als „Limited Edition“ über die Ladentheke geht, liegt der komplette Soundtrack von „Lords of the Fallen“ auf CD bei. Nett gemeint und sicherlich wird’s einige Enthusiasten tierisch freuen, allerdings habe ich persönlich die Musikuntermalung nun nicht als so epochal empfunden, dass ich sie mir immer und immer wieder anhören müsste.
Zwiegespalten bin ich hingegen was die Lokalisation anbelangt: Während ich den deutschen Sprecher von Harkyn gerade noch so verkraften kann, bringt er doch die mürrische Art des Protagonisten ganz gut rüber, sind die restlichen Hauptcharaktere in meinen Augen (und Ohren) gänzlich falsch besetzt worden. Magier Kaslo klingt für einen Mann seines deutlich fortgeschrittenen Alters viel zu jung, und die Sprecherin von Yatka sollte sich in Grund und Boden schämen, für diesen hörbar lustlos abgelesenen Stuss bezahlt worden zu sein! Zudem ist die Sprachausgabe zu keinem Zeitpunkt lippensynchron, was ich relativ unverständlich finde. Ein fieser, bsi dato noch nicht ausgemerzter Bug hat zudem dafür gesorgt, dass die Vertonung im letzten Spielabschnitt komplett fehlt, was hoffentlich mit dem nächsten Update behoben wird.

Fazit
„Lords of the Fallen“ ist ganz klar ein „Dark Souls“-Klon, wie man ihn dreister nicht hätte abkupfern können, angereichert mit Gameplay-Elementen, die man sich von anderen Action-RPGs wie „Fable“ und „Diablo 3“ ausgeliehen hat. Und das wäre nicht nicht mal ein Vorwurf, wenn, ja wenn sich das Spielerlebnis letzten Endes nicht als so dermaßen unausgegoren, seelenlos (*höhö*) und fundamental zu anspruchslos entpuppt hätte. „Lords of the Fallen“ bringt das Genre der Hardcore-Rollenspiele, dessen zur Zeit wohl prominentesten Vertreter es krampfhaft bemüht ist zu imitieren und auf dessen nach wie vor hoher Popularitätswelle es versucht mitzuschwimmen, keinen Deut weiter, fügt ihm nichts, aber auch rein gar nichts hinzu. Die Charaktere sind durch die Bank unsympathisch, blass und entwickeln sich im Verlauf der gut und gerne 15 Stunden, die man mit dem ersten Playthrough beschäftigt sein dürfte, nicht weiter, was sie imho von vornherein zu vergessenswerten Geschöpfen degradiert. Dasselbe gilt für die alles in allem 0815-Handlung des Spiels, die zeitweise schon fast ins Trashige abdriftet, während sie versucht, dem gegen Ende hin dann doch dezent repetitive, da vollkommen anspruchslose Gameplay einen tieferen Sinn zu geben.

Nachdem ich mir im Vorfeld fest vorgenommen hatte, „Lords of the Fallen“ eine faire Chance zu geben und den Titel eben nicht wie so manch anderer als typischen Copycat-Titel eines deutschen Entwicklerstudios abzutun, war ich nach einem durchaus vielversprechenden Beginn schlussendlich nur noch froh, als dieses Drama „made in Germany & Poland“, dieses in nahezu jederlei Hinsicht mittelmäßige „Dark Souls Light“ für Arme endlich ein Ende hatte und ich von den Credits erlöst wurde. Schade, eigentlich.

Letztes Update: 28. Juli 2018
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