Interview mit Gerrit Schmidt-Foß_

1. Juli 2007          Interview          Hinweis

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Herr Schmidt-Foss, Sie leihen mit Leonardo Di Caprio einem der beliebtesten Hollywood-Stars Ihre Stimme, sind regelmäßig in Serien wie „Lost“ zu hören, schreiben und sind außerdem als Synchronregisseur tätig.

Stand es für Sie bereits in frühen Tagen fest, dass es Sie irgendwann ins Synchronstudio verschlagen würde?

Gerrit Schmidt-Foss
Meine beiden Brüder und ich haben schon von klein auf in Filmen mitgespielt und sowohl Hörspiele als auch Synchron gemacht. Da war der Weg zwar nicht „vorgezeichnet“ aber doch logisch. Es ist ein Beruf, der mir sehr viel Freude bereitet und ich habe noch nie ernsthaft meine Tätigkeit gehasst. Und das ist oft mehr als andere in ihren Berufen sagen können. Ich kann mich also glücklich schätzen.

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Immer wieder fragen uns Leser, wie sie in der Branche Fuß fassen können. Wir geben diese Frage hiermit gerne an Sie weiter: Wie sind Sie zum Synchronisieren gekommen?

Gerrit Schmidt-Foss
Mein Bruder Dennis hat sich als Kind allein, ohne dass meine Eltern das wussten, auf eine Zeitungsannonce gemeldet und eine Rolle bei der „Rappelkiste“ bekommen. So nahm alles seinen Anfang. Mein Bruder Florian und ich kamen dann auch „zum Film“ und somit ins Synchronstudio. Ich habe es also von der Pike auf gelernt. Jedem anderen kann man nur sagen was man allen sagen muss, die Schauspieler werden wollen: Ab zur Schauspielschule!

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Sind es Serien-Charaktere wie beispielsweise die Rolle des „Michael Scofield“ in der neuen RTL-Serie „Prison Break“, die es Sie mehr reizen zu sprechen, oder doch eher die ganz großen Stars wie DiCaprio in Oscar-prämierten Produktionen wie etwa „Departed – Unter Feinden“?

Gerrit Schmidt-Foss
Der Unterschied zwischen guten Serien und Hollywoodfilmen ist ja zum Glück in den letzten Jahren sehr gering geworden. Und eine spannende Story mit glaubhaften Charakteren kann sich auch über viele Folgen strecken. Ich würde mich nicht entscheiden wollen zwischen „nur“ Serie oder „nur“ Film. Der Reiz liegt zu guter Letzt darin, dem Original gerecht zu werden und mit Leben zu füllen.

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Neben Leonardo DiCaprio gehören unter anderem auch Darsteller wie Scott Caan („Ocean’s 13“), Shawn Ashmore („X-Men“) oder auch Steve Zahn („Sahara – Abenteuer in der Wüste“) zu Ihren „Schützlingen“.

In wie weit unterscheiden sich die genannten Darsteller – was die individuelle Synchronisation angeht – voneinander? Wer macht Ihnen beispielsweise mehr Schwierigkeiten, bei wem fällt das Synchronisieren leichter?

Gerrit Schmidt-Foss
Jeder der genannten – und nicht genannten – hat so seine Tücken. Was mir beim einen leichter gelingt ist beim anderen unter Umständen gar nicht mehr so leicht. Der Vorteil, wenn man einen Schauspieler schon seit einiger Zeit kennt, ist sicher, dass man die kleinen „Macken“ der Leute schon kennt. Giovanni Ribisi zum Beispiel lacht gerne durch den geschlossenen Mund nur mit einem „Nasenatmer“, und so weiter…

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Und wen würden Sie – was die Synchronisation angeht – als am anspruchsvollsten bezeichnen?

Gerrit Schmidt-Foss
DiCaprio ist ein sehr guter Schauspieler und damit auch nicht „leicht“ zu sprechen. Aber auch Leute wie Giovanni Ribisi und Stefano Accorsi sind von ihrer Bandbreite sehr spannend. Aber letzten Endes liegt es auch daran wie „anspruchsvoll“ man an die Arbeit geht…

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Haben Sie einen persönlichen Favoriten?

Gerrit Schmidt-Foss
Nein. Doch ich gebe zu, dass DiCaprio in den letzten Jahren eine interessante und anspruchsvolle Rollenauswahl getroffen hat.

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DiCaprio lässt sich – wie Sie gesagt haben – nicht wie andere auf ein Genre festlegen. Würden Sie es tun? Oder anders gefragt, haben Sie an einem Genre, sei es nun Action, Drama oder die Komödie, besonders viel Spaß?

Gerrit Schmidt-Foss
Da möchte ich mich nicht festlegen. Das schöne an der Arbeit ist doch gerade die Vielfältigkeit. Da war man eben noch ein fieser Psychopath und ist beim nächsten Termin ein verschusselter Computerfreak und am nächsten Tag ein schottischer Prinz und ein transexueller Tankwart. Die Abwechslung an sich macht den Reiz aus.

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Seit Leonardo DiCaprios großem Durchbruch mit „Titanic“ in 1997, wurden Sie bis auf zwei kleine Ausnahmen quasi durchgehend auf ihn besetzt. Ein paar Ihrer Kollegen, bzw. Kolleginnen hatten in jüngster Vergangenheit nicht soviel Glück.

Grassiert die Angst, einen Ihrer Stars – im Speziellen DiCaprio – zu verlieren?

Gerrit Schmidt-Foss
Angst ist ein viel zu gewaltiges Wort dafür. Es kommt immer wieder vor, dass man auf einen Darsteller nicht genommen wird, den man schon so manches Mal gesprochen hat. Das mag doof sein, ist aber kein Beinbruch. Es kommt auch immer auf die Umstände an. Wenn allerdings der Satz fällt „Der spielt da was ganz anderes als zuvor, da passt du nicht drauf“, ist das schon eine Beleidigung für jeden Synchronschaupieler.

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Spannen wir einen Bogen hin zum Themengebiet „Serie“. Hier wird mit der Kontinuität ja für gewöhnlich eher selten gebrochen. Ihr aktuelles Projekt „Prison Break“ läuft die Tage im Programm von RTL an. Sie sind – wie eingangs erwähnt – als deutsche Stimme von Wentworth Miller zu hören.

Wann wurde Ihnen mitgeteilt, dass Hermes Synchron Sie für die Hauptrolle in Betracht zieht?

Gerrit Schmidt-Foss
Laut meines Terminkalenders gab es am 7. Februar ein Probesprechen bei der Hermes für einige Rollen aus „Prison Break“. Ich war der letzte der neben meinem Bruder Dennis an dem breitgefächerten Casting teilnahm. Vielleicht hat RTL sich für mich entschieden, weil ich Wentworth Miller schon in „Dinotopia“ gesprochen habe (nicht in der finalen Version, Anm. d. Red.). Aber den Grund kennt nur RTL allein.

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Wie haben Sie sich auf die Rolle des „Michael Scofield“ aus „Prison Break“ vorbereitet?

Gerrit Schmidt-Foss
Ich habe mich 200 Stunden tätowieren und mir zwei Zehen abschneiden lassen.

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Geht man als Sprecher ein solches Projekt wirklich ohne die geringste Vorbereitung an? Von Schauspielern weiß man, dass sich diese jeweils ausgiebig mit ihrer Rolle auseinandersetzen…

Gerrit Schmidt-Foss
Leider ist es nicht sehr praktikabel sich auf alle Rollen vorzubereiten, wenn man in der Woche so viel zu tun hat. Ich würde mir auch mehr „Vorbereitungszeit“ wünschen oder wenigstens, dass man die „großen“ Sachen vorher mal gesehen hat. Aber dafür ist schlicht und ergreifend die Zeit nicht da. Und das liebe Geld. Man verdient zwar nicht schlecht aber ich fahre keinen Sportwagen und mache leider auch nicht sechs Monate im Jahr Urlaub. Wenn es mir jemand bezahlen würde, mich auf meine Rollen vorzubereiten, – so wie die Vorbereitungszeit den Hollywood-Stars bezahlt wird – dann würde ich es gerne machen…

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Was können Sie unseren Lesern zu den Synchronarbeiten der Serie erzählen?

Gerrit Schmidt-Foss
Dass wir bisher – hoffe ich – gute Arbeit abgeliefert haben. Wir mussten meinetwegen leider oft in die Abendschicht ausweichen. Doch vieles in der Serie spielt ja auch nach der Zählung der Häftlinge und damit Abends und Nachts.

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…was vor allem an Ihren zahlreichen weiteren Projekten lag, nehme ich an?

Gerrit Schmidt-Foss
Ja. Ich habe in der gleichen Zeit Regie für die Zeichentrickserie „Dora“ und den Chris Rock-Film „I Think I Love My Wife“ geführt und parallel in „Lost“, „Reno 911“ und „Prison Break“ gesprochen. Da musste die Hermes Synchron Geduld mit mir haben und mich zu den Zeiten nehmen, zu denen ich noch frei war. Und das war abends.

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Wie weit sind die Synchronarbeiten an „Prison Break“ denn mittlerweile vorangeschritten?

Gerrit Schmidt-Foss
Ich jedenfalls habe bis zur Episode 20 alles gesprochen. Und schon bald stehen die letzten Folgen der ersten Staffel an. Nur keine Angst, wir werden rechtzeitig fertig.

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Wie viel haben Sie als Sprecher der Hauptrolle bisher von „Prison Break“ am Stück zu Gesicht bekommen?

Gerrit Schmidt-Foss
Leider hauptsächlich nur meine Passagen. Ich gebe zwar im Atelier gute Tipps ab, was alles dazwischen abgelaufen sein könnte, doch die Gesamtübersicht fehlt. Die hat Andreas Böge der die Bücher geschrieben hat und die Regie führt.

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Lohnt es sich für unsere Leser ab dem 21. Juni, immer donnerstags um 22:15 Uhr RTL einzuschalten?

Gerrit Schmidt-Foss
Selbstverständlich. „Prison Break“ ist eine gut produzierte Serie mit einer spannenden Handlung und ungewöhnlichen Handlungsorten und Helden. Das Hinschauen lohnt sich.

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Gehört „Prison Break“ zu den Serien, die sich Gerrit Schmidt-Foss auch privat anschauen würden?

Gerrit Schmidt-Foss
Wenn man den ganzen Tag auf Fernseher schaut und stundenlang mit Filmen und Serien zu tun hat, dann möchte man nur noch wenig im Fernsehen sehen. Aber ich habe viele Serien, in denen ich mitgesprochen habe, auf DVD und werde sie mir sicherlich angucken, wenn ich alt bin und mich köstlich über mich als „junger Spund“ amüsieren.

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Was steht denn bei Ihnen – wenn Sie denn mal zum Fernsehen kommen – ganz oben auf der Liste?

Gerrit Schmidt-Foss
Nachrichten und Dokumentationen. Auch wenn es langweilig klingt. Aber ich habe zu viel mit Filmen und Serien zu tun, als dass ich entspannt noch welche gucken würde. Auch Quizsendungen sind nett.

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Bei der Gelegenheit würden wir das Interview gerne um ein Thema erweitern, das derzeit bei den Synchroninteressierten und sicherlich auch innerhalb der Branche die Gemüter erhitzt, und Ihre Meinung einholen.

Es geht um die Diskussion, ob es vertretbar ist, einem Synchronurgestein wie Peer Augustinski den Wiedereinstieg zu verwehren. Wie Sie vielleicht wissen, wurde Augustinskis Gesuch, im kommenden Robin Williams-Film „Lizenz zum Heiraten“ wieder als seine deutsche Stimme auftreten zu dürfen, abgelehnt…

Gerrit Schmidt-Foss
Leider kann ich zu dem Thema nicht viel sagen, da ich die Hintergründe nicht kenne. Ich freue mich zu hören, dass es Peer Augustinski anscheinend besser geht und hoffe, ihn auch mal wieder im Atelier erleben zu dürfen.

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Das Obligatorische zum Schluss:
Wenn keiner der Hollywood-Stars eine deutsche Feststimme hätte, auf wen sollte man Sie dann besetzten?

Gerrit Schmidt-Foss
Der junge Paul Newman oder Sean Connery wären traumhaft. Doch ich möchte selber keine „Neusynchro“ für DVD erleben. Also freue ich mich auf noch unbekannte Schauspieler, deren Feststimme ich werden könnte, wenn sie denn jemals „Hollywood-Stars“ werden sollten.

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Würden Sie uns Ihre bisherige Lieblingssynchronrolle nennen?

Gerrit Schmidt-Foss
Romeo in „William Shakespears Romeo & Julia“ war eine Herausforderung, die mir Spaß gemacht hat. Aber auch Steve Zahn in „That Thing You Do“ ist mir ans Herz gewachsen. Ich weiß allerdings nicht wieso. Hat einfach Spaß gemacht.

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Von welcher Synchronarbeit würden Sie behaupten, dass Sie auf das Gesamtergebnis besonders stolz sind?

Gerrit Schmidt-Foss
„Der letzte Kaiser“ und „Titanic“ sind zwei Filme in denen ich gesprochen habe und deren Synchronfassungen sehr gut gelungen sind.

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Mit welchem Synchronstudio und mit welchen Kollegen arbeiten Sie immer wieder gerne zusammen?

Gerrit Schmidt-Foss
Mit fast allen.

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Ein paar Worte an Ihre Fans…

Gerrit Schmidt-Foss
Ich habe Fans?!

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Aber selbstverständlich haben Sie Fans!

Gerrit Schmidt-Foss
Ich freue mich, wenn jemand meine Arbeit bewundert und würdigt. Aber ich lege es nicht darauf an „Fans“ zu haben. Ich mache meine Arbeit, mehr nicht. Und wenn die Arbeit darin besteht Wentworth Miller in „Prison Break“ so glaubhaft wie möglich zu synchronisieren, dann versuche ich das. Dem einen wird’s gefallen, dem anderen nicht. – So ist das nunmal.

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Herr Schmidt-Foss, herzlichen Dank für dieses Interview!

Das Interview mit Gerrit Schmidt-Foss führte ich im Jahr 2007. Veröffentlicht wurde es auf SynchroWorld.de, einem mittlerweile eingestellten Onlinemagazin für Synchronschaffende.

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