Nachdem ich mich vor einigen Tagen bereits im Rahmen eines beinahe schon epischen Artikels mit dem auch in westlichen Gefilden ziemlich populären „Domo-kun“-Autosticker und seiner Bedeutung innerhalb der JDM-Szene beschäftigt habe, dachte ich mir, ich könnte daraus eine kleine Reihe machen und regelmäßig weitere JDM-Styles unter die Lupe nehmen und ihre Bedeutung, Hintergründe und sonstigen wissenswerten Informationen zusammentragen. – Gesagt, getan! Heute an der Reihe: die knallig-bunten Shoshinsha- & Koreisha-Aufkleber, die – wer schon einmal in Japan unterwegs war, wird dies mit Sicherheit bestätigen können – im japanischen Straßenverkehr überaus häufig anzutreffen sind.
Um die beiden Aufkleber, bzw. Symbole, die auch im JDM-Bereich sehr beliebt sind, besser erklären zu können, habe ich vorab mit Photoshop mal eine kleine Grafik gebastelt. Das Shoshinsha-Mark ist dabei auf der linken Seite, das Koreisha-Mark rechts abgebildet:
Bei beiden Aufklebern handelt es sich ursprünglich um von der japanischen Automobil-Behörde, dem dortigen Pendant zum Kraftfahrtbundesamt in Deutschland, gesetzlich vorgeschriebene Warnhinweise, die an einer für andere Verkehrsteilnehmer jederzeit gut sichtbaren Stelle auf der Fahrzeug-Karosserie angebracht werden müssen. Ihre Bedeutungen sind die folgenden:
1. Shoshinsha-Mark
Das in grün-gelben Farben gehaltene Shoshinsha-Mark (Kanji: 初心者マーク; dt.: „Anfänger-Markierung“), oftmals auch Wakaba-Mark (Kanji: 若葉マーク) genannt, wird ausschließlich von jungen Fahranfängern (lies: Personen, die noch nicht über sonderlich viel Fahrpraxis verfügen) verwendet, um andere Verkehrsteilnehmer darüber zu informieren, dass man im Grunde genommen noch nicht allzu viel Ahnung vom Autofahren hat und man aufgrund dessen doch bitte möglichst nachsichtig mit ihnen sein soll, wenn bei Grün nicht binnen weniger Sekunden auf 100km/h hinbeschleunigt wird. 😉 Seit 1972 ist es in Japan Pflicht, nach Bestehen der Führerscheinprüfung einen solchen Shoshinsha-Hinweis mindestens ein Jahr lang am Auto angebracht zu haben. Wer sich nach diesem Zeitraum nach wie vor unsicher fühlt, dem steht es frei den Warnhinweis auch länger spazieren zu fahren. Das Symbol stellt abstrakt eine junge Blüte dar, die frische Farbgebung wiederum steht für den Übergang von Frühjahr zu Sommer, was die peu á peu zunehmende Erfahrung des Fahranfängers widerspiegeln soll.
Vom Shoshinsha-Mark existiert sogar eine eigene Unicode-Version: U+1F530 (🔰).
2. Koreisha-Mark
Das Gegenstück, das Koreisha-Mark (Kanji: 高齢者マーク; dt.: „Älteren-Markierung“) wird indes von, nun ja, älteren Verkehrsteilnehmern eingesetzt. Zumindest von solchen Personen, die 75 Jahre oder älter sind und nach wie vor ein Kraftfahrzeug bewegen. Auch dieser Warnhinweis ist in Japan Pflicht und seit dem Jahr 1997 gesetzlich vorgeschrieben. Die orange-rote Farbgebung steht in diesem Fall für den Herbstanfang. In 2011 wurde das oben abgebildete und innerhalb der JDM-Szene weit verbreitete Symbol grundlegend überarbeitet, da das Koreisha-Mark scheinbar nicht wenige Japaner an ein zu Boden fallendes, ob der herbstlichen Farben tendenziell welkes Blatt erinnerte, was nachvollziehbarerweise nicht gerade schmeichelhaft für die damit herumfahrenden Autofahrer war.
Natürlich kann man über die Optik der beiden Symbole streiten, und selbstredend auch darüber, ob es wirklich nötig ist ein Auto durch solche gesetzlich vorgeschriebenen Aufkleber zu verschandeln. Nichtsdestotrotz würde ich persönlich sowohl das Shoshinsha-Mark als auch das Koreisha-Mark jederzeit dem hierzulande üblichen, irgendwie dumpfen „Fahranfänger“-Aufkleber (natürlich stilecht in fetten Großbuchstaben!) vorziehen. Japan beschreitet wie so oft den künstlerischen Weg, Deutschland hingegen… aber lassen wir das. 😀
Weil sie so typisch sind für Japan und aus dem dortigen Straßenbild nicht mehr wegzudenken sind, wurden die Shoshinsha- und Koreisha-Marks bei Liebhabern und Fans origineller Autosticker im Allgemeinen, sowie in der JDM-Szene im Speziellen schnell gleichermaßen bekannt wie beliebt. Dabei ist es natürlich vollkommen schnurz, ob der ursprünglich angedachte Einsatzgrund gegeben ist oder nicht, – sie werden trotzdem ohne Rücksicht auf Verluste auf die Karre geklebt! Insbesondere das Shoshinsha/Wakaba-Mark hat es weltweit – eBay und diversen Sticker-Plattformen sei dank – zu einer beachtlichen Popularität gebracht: So existieren zahlreiche popkulturelle Abwandlungen des Symbols, die allesamt wiederum eine andere, ganz eigene Bedeutung ihr Eigen nennen.
Bevor jemand fragt: Nein, ich habe weder einen Shoshinsha- noch einen Koreisha-Mark auf meinem M3, fand die beiden Sticker aber trotzdem interessant genug für einen eigenen Post. Ich denke indes über eine „Rising Sun“-Variante des Wakaba-Marks für die Heckscheibe nach. – Womit die nächste Ausgabe der Reihe ja mal sowas von gesichert ist… 😉