Ende vergangenen Jahres erhielt ich von Amazon.de die Gelegenheit, die damals gerade erschienene Rennsimulation „WRC 3 -FIA World Rally Championship“ für die Xbox 360 (siehe meine ausführliche Spielerezension) auf Herz und Nieren testen zu dürfen. Und ich nahm an. Nachdem es sich bei der „Dirt“-Reihe von Codemasters zwar um durchaus ansprechende Offroad-Rennspiele handelt, die mir über all die Jahre durchaus Spaß gemacht haben, allerdings mit dem echten Rallyesport nur bedingt etwas zu tun haben, erhoffte ich mir insgeheim einen würdigen Nachfolger für das alt-ehrwürdige „Richard Burns Rally“ aus dem Jahre 2004, welches unter Rallye-Enthusiasten nach wie vor als die absolute Genre-Referenz gehandelt wird, gefunden zu haben. Doch ich wurde vom italienischen Entwicklerstudio Milestone Interactive („Moto GP 13“, „WRC 3“, u.a.), wo seit einigen Jahren die offizielle FIA-Lizenz beheimatet ist, schwer enttäuscht.
Denn: Obwohl es sich bei „WRC 3“ grundsätzlich um ein solides Rennspiel handelt und darüber hinaus um das einzige offizielle Videospiel zur Rallye-Weltmeisterschaft der FIA, fiel der Titel aufgrund seiner relativ unrealistischen Fahrphysik, der biederen Optik, Problemen beim Sound, der unfassbar misslungenen Präsentation sowie zahlreichen weiteren kleinen wie großen Mängeln und Unzulänglichkeiten, die das Rallye-Flair entscheidend stören, bzw. dieses erst gar nicht aufkommen lassen, knallhart durch. Vor allen die anvisierte Zielgruppe der Rallye-Puristen waren „WRC 3“ vor, ein verkappter Wolf im Schafspelz zu sein, sprich: eher ein zugängliches Arcade-Rennspiel denn eine ausgewachsene Simulation. Doch Milestone nahm sich die vielerorts geäußerte Kritik zu Herzen und gelobte Besserung – und legt nun, knapp ein Jahr nach dem Release von Teil drei, bereits den offiziellen Nachfolger „WRC 4 – FIA World Rally Championship“ vor.
Ob die Jungs und Mädels von Milestone Interactive tatsächlich Wort gehalten haben und „WRC 4“ sich im Vergleich zur letztjährigen Version wie versprochen deutlich verbessert zeigt und – ganz wichtig! – ob sich der Kauf in Anbetracht des unmittelbar vor der Tür stehenden Veröffentlichungstermin der beiden Next-Gen-Konsolen von Microsoft und Sony überhaupt noch lohnt, klärt meine ausführliche Videospiel-Review zur Xbox 360-Version von „WRC 4 – FIA World Rally Championship“. Darüber hinaus ist das Rennspiel auch für den heimischen PC, die Playstation 3 und erstmals auch als direkter Port für die PS Vita erhältlich.
WRC 4 – FIA World Rally CHampionship
2013, Rennspiel, Xbox 360
Milestone Interactive / BigBen Interactive
www.WRCTheGame.de
Spieletrailer
Beschreibung
„‚WRC 4‘ ist das offizielle Spiel zur FIA-Rallye-Weltmeisterschaft 2013 und ermöglicht dir, dein Lieblingsteam und deinen Lieblingsrennwagen aus allen offiziellen Kategorien des Rennjahres 2013 zu wählen: WRC Junior, WRC 3, WRC 2 und WRC.“ – Quelle
Review
Wer die FIA Rallye-Weltmeisterschaft im Fernsehen verfolgen möchte, kommt momentan um den Spartensender Eurosport nicht herum. Wer hingegen selbst ins Lenkrad greifen und einen der offiziellen Rallye-Boliden über die Schotter-, Schnee- und Matschpisten dieser Welt bewegen will, der greift seit ein paar Jahren in der Regel auf die von Milestone Interactive entwickelten „WRC“-Videospiele zurück. Der neueste Ableger des Franchise, „WRC 4 – FIA World Rally Championship“, bietet nahezu alles, was das Herz eines Rallye-Enthusiasten begehren könnte: Lizensiert wurden alle 65 Fahrer, 55 Teams und alle 13 WM-Events der Rallye-Weltmeisterschaft 2013 mit ihren insgesamt 78 Etappen.
Der Fuhrpark des Spiels umfasst 16 verschiedene Rallye-Boliden aus den Klassen WRC, WRC 2, WRC 3 sowie erstmals auch aus der „kleinen“ Rallye-Nachwuchsserie WRC Junior. Angefangen mit dem Citroën DS3 WRC, über den Ford Fiesta RS WRC und MINI John Cooper Works WRC, bis hin zum ikonischen Volkswagen Polo R WRC, sind alle großen Marken und Modelle im Spiel enthalten. Als Bonus gibt’s das Hyundai i20 WRC Test Car obendrauf. Ersatzlos gestrichen wurden hingegen die noch im Vorgänger enthaltenen Classic-Wagen und Teams aus früheren Jahrzehnten. Eventuell werden diese in Form eines oder mehrerer – sehr wahrscheinlich – kostenpflichtiger DLCs nachgereicht werden. Man kennt das ja.
Komplett überarbeitet haben die Macher zudem das Hauptmenü des Spiels und dessen Struktur – was auch dringend nötig war, denn die Comic-Optik aus „WRC 3“ war wirklich nur äußerst schwer zu ertragen. Im Hintergrund laufen nun einige spektakuläre WRC-Slow-Motion-Videos in Dauerschleife, in deren Rahmen die Rennserie bestrebt ist, sich ansprechend in Szene zu setzen. Untermalt wird das ganze von einem epochal anmutenden Soundtrack, wie man ihn gegebenenfalls von den TV-Übertragungen der WRC her kennt, der für den ein oder anderen wohligen Gänsehaut-Moment gut ist. Nichts geändert hat sich hingegen an den auf Dauer nervigen Ladezeiten: Ganz egal, ob man eine neue Rallye starten, mal eben in den Einstellung etwas verstellen oder sein persönliches Fahrerprofil aufrufen möchte, immer wird man von einem Ladebildschirm begrüßt. Unschön, aber alles in allem noch verschmerzbar!
Was die grundlegenden Spielmodi betrifft, ist weitestgehend alles beim alten geblieben: Neben dem heutzutage schon beinahe obligatorischen Karrieremodus, bietet „WRC 4“ dem geneigten Rallye-Fahrer die Möglichkeit, wahlweise eine einzelne Rallye oder auf Wunsch sogar auch nur eine einzelne Etappe zu fahren, oder aber man entscheidet sich für die komplette WRC-Saison und absolviert anstelle eines echten Fahrers die gesamte FIA Rallye-Weltmeisterschaft 2013. Das Herzstück des Spiels ist jedoch ganz eindeutig der Karrieremodus, der sich deutlich näher an der Realität orientiert, als die auf Dauer unheimlich öde Punkte-Sammelei aus dem dritten Teil. Nun beginnt man als Fahrer in einem kleinen Team der WRC Junior und empfiehlt sich durch großartige Leistungen hinterm Steuer für höheres. Je nachdem, wie man bei den einzelnen WM-Läufen abschneidet, werden immer mehr Teams auf einen aufmerksam und die ersten Anfragen trudeln ein. Irgendwann hat man es schließlich mit seinem Fahrer über alle Nachwuchsklassen in die WRC geschafft und tritt fortan in einem absoluten Top-Team gegen die besten Rallye-Piloten der Welt an, um sich schließlich – genügend fahrerisches Können vorgesetzt – zum World Rally Champion nach FIA-Reglement aufzuschwingen. Im Prinzip also eine 1-zu-1-Kopie des Karrieremodus wie man ihn beispielsweise aus Codemasters ambitionierter Formel-1-Simulation „F1 2012“ (siehe meine Review) kennt. Aber mein Gott, was soll’s. Zusätzlich gibt’s diverse Multiplayer-Modi, die entweder lokal an einer Konsole oder aber online gegen andere Mitspieler in aller Welt gezockt werden können.
„WRC 4“ beinhaltet Rallye-Events in allen in der Saison 2013 vertretenen Ländern und Kontinenten. Angefangen mit solchen Klassikern wie Finnland und Monte-Carlo, über Deutschland, Großbritannien, Spanien und Italien, bis hin nach Griechenland, Australien und schließlich Neuseeland sind alle Läufe der laufenden Saison 2013 im Videospiel vertreten. Als da wären…
- Rallye Monte-Carlo
- Rally Sweden
- Rally Guanajuato Mexico
- Vodafone Rally de Portugal
- LED Rally Argentina
- Acropolis Rally
- Rally d’Italia Sardegna
- Neste Oil Rally Finland
- ADAC Rallye Deutschland
- Coates Hire Rally Australia
- Rallye de France-Alsace
- RallyRACC – Rally de España
- Wales Rally GB
Bedauerlicherweise beschränkt sich die Authentizität der jeweiligen Rallye lediglich auf die Namensrechte, denn die Entwickler haben es erneut versäumt, die original Streckenführungen ins Spiel zu übertragen, sodass man in „WRC 4“, wie schon in den drei Vorgängern, auf Fantasiestrecken unterwegs ist, die sich lediglich an den realen Locations und ihren typischen Eigenheiten orientieren. Und das schlägt definitiv negativ auf die ansonsten wirklich gelungene Atmosphäre des Spiels durch! Ebenfalls ärgerlich: Viele Strecken, bzw. Abschnitte wiederholen sich mit der Zeit. So kommt es vor, dass man eine zuvor abgeschlossene Etappe gleich nach der Zieldurchfahrt einfach noch einmal zurückfährt, oder zumindest erst nach der Hälfte auf einen neuen Abschnitt abbiegt. Hier hat Milestone Recycling galore betrieben. Das permanente spiegeln, doppelt- und rückwärtsfahren hat und schon im Vorgänger genervt! Lediglich die Rallye Finnland sowie die Deutschland-Rallye wurden komplett neu entworfen. Insbesondere die Rallye rund um Trier herum ähneln ihrem Vorbild nun deutlich mehr als es noch bei „WRC 3“ der Fall war. Überhaupt fällt auf: Einige Streckenabschnitte, allen voran jene aus den beiden rundum neu entworfenen, wurden deutlich verbreitert und wirken nun nicht mehr so eng und schlauchartig, was ebenfalls realistischer anmutet und den Frustfaktor teils deutlich reduziert. Schade: Obwohl zahlreiche aus den Vorgängern bekannte Streckenlayouts wiederverwendet wurden, haben es die Entwickler nicht geschafft, die Rallyes ein wenig zu verlängern. So hätte es sich angeboten, zwei kurze Etappen zu einer langen zusammen zu legen. Oder so. Ein Punkt, der von Fans bereits in der Vergangenheit häufig kritisiert wurde. Stattdessen ist nach durchschnittlich 4 bis 5 Minuten schon wieder Ende im Gelände, was deutlich zu früh ist, wenn man bedenkt, wie viel länger ein echter Rallye-Pilot unterwegs ist, bis er irgendwann den Zielbereich mit dem finalen Zeitmesser zu Gesicht bekommt.
Komplett neu sind die verschiedenen Tageszeiten, bei denen eine Rallye-Etappe ausgetragen werden kann. Während im Meisterschaftsmodus die Tageszeit jeweils im Spiel vorgegeben wird, kann man bei einer Einzel-Rallye nun höchst selbst bestimmen, ob man entweder am frühen Morgen, am Tag oder aber gegen Abend fahren will. Die Wahl der Tageszeit hat wie in der Realität gehörigen Einfluss aufs Gameplay: Während am frühen Morgen die Szenerie noch von einem diesigen Graufilter bedeckt wird und alles in einen dezenten Nebel gehüllt ist, fährt man gegen Abend stets dem nahenden Sonnenuntergang entgegen; die Farben wirken wärmer, die Sonne steht tief am Firmament und kann schon mal die ungetrübte Sicht nach vorne zum nächsten Scheitelpunkt behindern. Blöd: Nachtfahrten gibt es auch weiterhin keine. Dasselbe gilt für eine optional zuschaltbare Frontbeleuchtung.
In diesem Fall sollte man sich auf die Ansagen des Co-Piloten verlassen, der wie schon in „WRC 3“ erneut einen guten Job macht. Die Ansagen sind größtenteils präzise und werden auf den Punkt gebracht. Nur ganz selten kam im Test die Ansage einer Kurve, bzw. eines Hindernisses mal einen Ticken zu spät oder wirkte sonst wie unpassend. Auf Wunsch kann in den Optionen übrigens feinjustiert werden, mit wie viel Vor- oder Nachlauf der Beifahrer mit seinen Streckeninfos herausrückt. Wer hingegen eine visuelle Hilfe bevorzugt, aktiviert wahlweise die genreüblichen Hilfspfeile oder ersetzt diese durch eine kleine Streckenkarte, auf der wie bei anderen Rennspielen die vor einem liegende Strecke abgebildet ist, so dass man sich auf die vor einem liegenden Kurvenfolgen besser vorbereiten kann. Sollte dennoch etwas schief gehen und man sich nach einer verpassten Kurve in der Pampa wiederfinden, so bringt einen die bereits aus „WRC 3“ bekannte und auf Wunsch auch komplett abschaltbare Review-Funktion wieder zurück auf die Strecke.
Auch in „WRC 4 – FIA World Rally Championship“ eher stiefmütterlich behandelt wird das Thema Tuning und überhaupt die Art und Weise, wie man seinen hochgezüchteten Rallye-Boliden im Vorfeld auf eine Etappe einstellen kann. Viel mehr als Federn justieren, die Dämpfer einstellen, ein wenig mit dem Reifendruck experimentieren und die Übersetzung bearbeiten ist nicht möglich. Im Vergleich zum Vorgänger hat sich also nicht allzu viel getan. Um genau zu sein: gar nichts. Schade! Ok, der Service Park präsentiert sich nun in schmuckem 3D, aber was nützt einem das, wenn man sich dort nicht entsprechend austoben kann, indem man ein perfektes Setup für seinen Wagen ersinnt? Auch die Möglichkeit einer kurzen Testfahrt, um die getätigten Einstellungen auszuprobieren, ist nicht gegeben.
Ziemlich gelungen ist dafür das Reparatur-System des Spiels: Beschädigt man seinen Wagen während einer Rallye-Etappe, was bei einer entsprechenden Fahrweise nicht gerade selten vorkommt, so hat man zwischen zwei Etappen die Möglichkeit, diesen zu reparieren. Allerdings dürfen die Reparaturarbeiten lediglich innerhalb eines engen Zeitfensters absolviert werden, so dass man oft gezwungen ist abzuwägen, was einem wichtiger ist. Soll sich das Mechanikerteam dem beschädigtem Kühlsystem annehmen oder doch lieber die verzogene Aufhängung wieder gerade biegen? Ist ein einwandfrei funktionierendes Getriebe wirklich so wichtig wie alle behaupten? Und überhaupt. Gebrauch machen sollte man von dem Feature auf jeden Fall, denn das gut umgesetzte Schadensmodell wirkt sich deutlich heftiger auf das Fahrverhalten und die grundlegende Performance des Wagens aus als dies noch im Vorgänger der Fall gewesen ist!
Zum Thema Fahrphysik: Nein, auch in „WRC 4“ fahren sich die Rallye-Boliden nicht hundertprozentig wie ihre realen Vorbilder. Nichtsdestotrotz hat sich die Fahrphysik im Vergleich mit „WRC 3“ deutlich gesteigert. Die Wagen sind grundsätzlich anspruchsvoller zu beherrschen, gleichzeitig macht ihr Verhalten auf der Strecke einen nachvollziehbareren, realistischeren Eindruck. Sie verhalten sich nicht mehr wie Hovercrafts, die über die Strecke schweben, sondern scheinen nun endlich eine Masse zu besitzen, die den schonungslosen Fliehkräften ausgesetzt ist und entsprechend auf die Lenkbewegungen und den Input via Handbremse, Gas- und Bremspedal reagiert. Auch die verschiedenen Bodenbeläge haben nun einen deutlich authentischeren EInfluss auf das Fahrverhalten des Boliden. Zudem sind aufgrund der überarbeiteten Physik-Engine des Spiels endlich richtige, lange Drifts um (Haarnadel-)Kurven herum möglich: Die Zeiten, in denen man am Scheitelpunkt der Kurve quasi zum Stehen kam, gehören endlich, endlich, endlich der Vergangenheit an! Kurzum: Die Fahrphysik in „WRC 4“ wurde deutlich in die richtige Richtung hin verbessert und wirkt nun endlich, endlich, endlich rund. Es macht schlichtweg Spaß, die Rallye-Boliden durch die einzelnen Etappen zu bewegen, immer weiter Zehntel um Zehntel, Zeitspänchen um Zeitspänchen von der Bestzeit abzuknabbern, die Faszination Rallyesport auf sich wirken zu lassen und sich peu a peu immer weiter ins Spiel reinzufuchsen!
Wer die Auswahl hat, zockt „WRC 4“ natürlich mit dem Lenkrad, Pedalerie und einem anständigem Gaming-Rig. Der durchschnittliche Spieler dürfte ein solches jedoch nicht sein Eigen nennen und muss demnach auf den Xbox 360-Controller zurückgreifen. Doch auch mit diesem steuern sich die Karossen erstaunlich gut von einer waghalsigen Kurvenkombination zur nächsten. Einzig die nach wie vor nicht wirklich präzise Abfrage der beiden Bumper, mit denen Gas gegeben, bzw. gebremst wird, trübt das Bild ein wenig. Hier sollte Milestone vielleicht mittels eines Day-One-Patches noch einmal feinjustieren.
Geschraubt wurde auch an der Grafikengine des Titels. Präsentierte dieser sich in der jüngsten Vergangenheit optisch eher bieder und wenig ansehnlich, so glänzt die deutlich aufpolierte Optik von „WRC 4 – FIA World Rally Championship“ nunmehr mit einer guten Weitsicht, die erstaunlicherweise so gut wie ohne nervige Pop-Ups auskommt, deutlich höher aufgelösten und überwiegend knackig scharfen Texturen und verbesserten Lichteffekten zu überzeugen. Zahlreiche Objekte am Streckenrand wie Zuschauer (die jedoch lustigerweise an für Zuschauer normalerweise relativ unerreichbaren Stellen aufgestellt wurden), landestypische Gebäude, Werbebanner, Fahnen und fröhlich vor sich hin wehende Windsegel, sowie eine deutlich organischer wirkende Vegetation schaffen eine wohlige Rallye-Atmosphäre. Das ganze auf der Xbox 360 bei konstant flüssigen 45 FPS.
Auch die Wagenmodelle wurden deutlich überarbeitet. Zwar erreichen sie nicht den immensen Detaillevel des „Forza Motorsport“-Franchise, dennoch sind sie so detailliert und detailverliebt gestaltet worden wie noch in keinem anderem Rallye-Videospiel zuvor. Nett: Die Spiegelungen auf dem Fahrzeuglack geben erstmals die echte Umgebung wider und basieren nicht mehr nur auf einer Pseudospiegelung.
Doch die überarbeitete Optik hat auch ihre Schattenseiten: So leidet das Spiel nach wie vor unter hässlichen und auf Dauer arg nervenden Pop-Ups beim Rennstart und während der Replays. Zudem hat man den Eindruck, die Engine bekommt einige Texturen immer noch nicht schnell genug in den Speicher geladen, so dass diese erst verzögert nachgeladen werden, was sich in teils matschigen Objekt-Texturen widerspiegelt. Auch die typischen Verschmutzungen an der Fahrzeug-Karosserie, die von aufgewirbeltem Dreck, Matsch und Schnee herrühren, werden weiterhin einfach nach ein paar Kurven „aufgepappt“, anstatt sich nach und nach dynamisch anzusammeln. Fahrten durch kleine Bäche und tiefe Pfützen sind ebenfalls nicht gerade spektakulär ausgefallen. Das hat schon ein „DiRT 2“ vor zig Jahren realistischer und vor allen DIngen grafisch ansprechender hinbekommen.
Einer der größten Kritikpunkte, die man dem Vorgänger „WRC 3“ gegenüber anbringen konnte, war die magere, ja grundsätzlich schon irgendwie grob enttäuschende Soundkulisse des Spiels. Allen voran der Motoren- und Getriebesound hatte nur bedingt etwas mit dem eines echten Rallye-Boliden gemein. Und auch die Elektro-Musik im Menü ließ keine wirkliche Rallye-Stimmung aufkommen. – Glücklicherweise nahm sich Milestone Interactive die von der Rallye-affinen Zeilgruppe teils recht deutlich geäußerte Kritik zu Herzen! So wurde die gesamte Soundkulisse deutlich aufgebohrt und entspricht nun weitestgehend der einer echten Rallye. Motoren dröhnen vor PS strotzend vor sich hin, bei Schaltvorgängen knattert das Getriebe. dass es ein Genuss ist. Die am Streckenrand stehenden Fans jubeln einem zu, feuern einen beim Start an, ab und an gibt’s sogar die ein oder andere Tröte zu hören. So klingt der Rallyesport! Die verbesserte Soundkulisse liefert darüber hinaus effektiveres Feedback über das Verhalten des Wagens, wie dieser auf die getätigten Lenkbewegungen und die Arbeit an den Pedalen anspricht, und das kann sich wiederum spürbar positiv auf die Performance auswirken. – Top!
Fazit
Milestones „WRC“-Simulation entwickelt sich ganz ohne Zweifel in die richtige Richtung: Die Fahrphysik von „WRC 4“ wirkt realistischer, die Optik des Titels immens viel ansehnlicher, der Sound authentischer und das Gameplay grundseriös wie nie. Der Karrieremodus ist eine klare Verbesserung gegenüber dem Vorjahr und das Hinzufügen der unterschiedlichen Tageszeiten sorgt für willkommene Abwechslung im Rallye-Alltag. Enttäuschend, und für mich nach wie vor eines, wenn nicht sogar das größte Manko der Reihe, ist das erneut Anwendung findende überstrapazierte Recycling zahlreicher Streckenlayouts, obwohl vom Entwicklerteam im Vorfeld gänzlich neue Strecken versprochen wurden. Auch der gesamte Tuning-Part ist eher ernüchternd. Hier muss sich beim bereits angekündigten Nachfolger „WRC 5“, der aller Voraussicht nach in ein oder zwei Jahren auf den Next-Gen-Konsolen erscheinen wird, einiges ändern! – Wer dem spektakulären Rallye-Sport gegenüber nicht abgeneigt ist und gerne mal selber im Cockpit eines Rallye-Boliden Platz nehmen will, liegt mit „WRC 4 – FIA World Rally Championship“ goldrichtig!