Nachdem ich mich neulich erst in einem Posting über den vergangene Woche erschienenen kostenpflichtigen Downloadable Content (DLC) „Hearts of Stone“ für CD Projekt REDs Fantasy-Rollenspiel „The Witcher 3 – Wild Hunt“ ausgelassen hatte, und dabei insbesondere auf das limitierte Gwint-Kartenset eingegangen bin, möchte ich heute einen ausführlichen Test des digitalen Parts von „Hearts of Stone“, sprich: des Gameplays nachreichen.
Lohnt sich der Kauf des ersten „The Witcher 3“-DLC oder ist auch dieses Addon lediglich als nachträgliche Geldmacherei des Entwicklers, bzw. Publishers anzusehen? – Meine ausführliche Review liefert Antworten…
The Witcher 3 – Wild Hunt: Heart of Stone
2015, Fantasy-Rollenspiel, PlayStation 4
CD Projekt Red / Bandai Namco
www.TheWitcher.com
Spieletrailer
Beschreibung
„Schlüpfe erneut in die Rolle des professionellen Monsterschlächters Geralt von Riva, der diesmal den Auftrag erhält, sich des skrupellosen und über die Macht der Unsterblichkeit verfügenden Banditenhauptmanns Olgierd von Everec zu entledigen. Diese Erweiterung zu The Witcher 3: Wild Hunt hat nicht nur über 10 Stunden voll neuer Abenteuer, neuer Charaktere, mächtiger Monster und einzigartiger Affären zu bieten, sondern wartet auch mit einer brandneuen Storyline auf, in der jede deiner Entscheidungen Konsequenzen hat.“ – Quelle
Review
Dass ich Geralts Ziehtochter Ciri den Fängen der Wilden Jagd entrissen habe, ist bereits einige Monate her. Seither ist ’ne Menge Wasser den Pontar hinunter geflossen und CD Projekt RED hat sich nicht lumpen lassen, ihr Meisterwerk „The Witcher 3 – Wild Hunt“ bis auf Version 1.10 zu patchen. Doch: Nur wenige Sekunden nachdem ich „Hearts of Stone“, die erste DLC-Erweiterung für das grandiose Fantasy-RPG, installiert und den Hexer aus seinem wohlverdienten Wintergeschlaf gerissen hatte, fühlte ich mich sofort wieder heimisch! Lediglich der Bart meines in Würde ergrauten Helden hatte um einige Zentimeter zugelegt und seinem Quest-Log wurde ein neuer Eintrag hinzugefügt, hervorgehoben mit einem unübersehbaren Logo, um ja meine Aufmerksamkeit zu erregen. Zum Aushangbrett unweit der Taverne in der Siedlung Sieben Katzen sollte Geralt sich begeben. Dort angekommen brachte er zügig in Erfahrung, dass ein gewisser Olgierd von Everec auf der Suche ist nach einem Profi, der bereit ist, ihm bei einem nicht näher definierten Problem unter die Arme zu greifen.
Natürlich ließ ich mich nicht zweimal bitten und pfiff sogleich Geralts treue Stute Plötze herbei, lies den Hexer sich in den Sattel schwingen und sich auf den Weg machen in Richtung jenes Treffpunkts, der ihm am Aushang angegeben worden war. Die Geschichte, die damit ihren Lauf nahm, sollte meinen Lieblingshexer und mich für gut und gerne 20 Stunden beschäftigen – und somit weitaus länger als nicht wenige Vollpreisspiele da draußen. „Heart of Stone“ leidet erfreulicherweise nicht unter dem bekannten DLC-Syndrom, dass sich die Inhalte irgendwie „aufgesetzt“, einfach nicht organisch anfühlen. Nein. Den Jungs und Mädels von CD Projekt RED ist es vielmehr gelungen, eine fesselnde, wie schon das Hauptspiel sehr erwachsene, mit Blut, Schweiß, Tränen und Sex angereicherte phantastische Geschichte zu erzählen, die – ohne an dieser Stelle irgendetwas spoilern zu wollen – sich kurz und knapp zusammenfassen lässt mit „Pass‘ auf was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen!“
Die Geschehnisse in „Heart of Stone“ findet dabei gänzlich autonom, also losgelöst von den Ereignissen im Hauptspiel statt. Wer wie ich die Wilde Jagd bereits über den Jordan geschickt hat, bekommt also dasselbe DLC präsentiert wie all jene, die sich eventuell noch mitten in der Kampagne befinden und sich „Heart of Stone“ quasi als ellenlange Nebenmission geben wollen. Schade: Hilfe von Yennefer von Vengerberg, Triss Merigold, Zoltan, Rittersporn dem Barden und Co. sollte man nicht erwarten. Keiner der genannten Recken hat sich während der Story-Missionen von „Hearts of Stone“ ein Stelldichein gegeben.
Einer der großen Pluspunkte von „The Witcher 3 – Wild Hunt“ waren seine zahllosen interessanten Charaktere, die der Geschichte Leben eingehaucht haben. Dieser guten Tradition steht das erste große „The Witcher 3“-DLC in nichts nach: „Hearts of Stone“ führt gleich eine ganze Riege neuer Freunde, Kontrahenten und Intriganten ein, mit denen Geralt sich herumschlagen muss, und bei Bedarf auch das Nachtlager teilen kann. Als da wären der bereits eingangs erwähnte Olgierd von Everec, seines Zeichens Anführer einer zwielichtigen Gesellschaft von Gesindel mit einem düsteren wie tragischen Geheimnis im Gepäck, oder auch der durch und durch mysteriöse Gaunter O’Dimm (heißt in der englischen Fassung übrigens „Gaunter O’Dim“), der von Einheimischen lediglich „Spiegelmeister“ genannt wird – und bereits in „The Witcher 3“ einen kurzen Gastauftritt hatte. Oh, und natürlich die liebreizende Shani, eine geschäftige Armeeärztin aus Oxenfurt und alte Bekannte des Hexers, die überdies dessen Herzdame Triss Merigold wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein scheint. Dies, um an dieser Stelle lediglich drei Hauptcharaktere zu nennen, deren Bekanntschaft Geralt im Verlauf der Handlung von „Hearts of Stone“ macht. Sie alle haben eines gemeinsam: Man interessiert sich für sie, sie sind einem nicht egal. Zumindest erging es mir so, dass ich stets mehr über Olgierd, Shani und natürlich den mysteriösen Spiegelmeister erfahren wollte und mich sogar mehrere Male dabei ertappt habe, wie ich immer wieder die Charakter-Einträge im schier allwissenden „The Witcher 3“-Glossar aufgeschlagen habe, in der Hoffnung vielleicht doch den ein oder anderen neuen Info-Fetzen präsentiert zu bekommen. So erging es mir übrigens schon im Hauptspiel, was, wie ich finde, einem absoluten Gütesiegel gleichkommt.
Freunden der gepflegten Political Correctness können übrigens aufatmen: Mit „Hearts of Stone“ halten endlich auch schwarze Menschen in die Welt von „The Witcher 3“ Einzug. Und zwar in Form zweier Händler aus dem fernen Reich der Ophiri, die in einer kleinen Siedlung einige Reitminuten abseits der alles überragenden Hauptstadt Novigrad und schräg gegenüber der lauschigen Wäldchen vor der Stadt Oxenfurt ihr Lager aufgeschlagen haben und dort ihr Handwerk, die Kunst der Runenverzauberung – ein neues Feature, das mit dem DLC ins Spiel implementiert wurde -, feilbieten. Gegen bare Münze, versteht sich. Da „mein“ Geralt nach Abschluss der Hauptkampagne die Taschen mehr als proppe gefüllt hatte mit Oren und Floren, habe ich natürlich erst einmal ordentlich in die neuen verfügbaren Runen-Verzauberungen investiert und die neu erstandenen wie gefundenen Ausrüstungsgegenstände des Hexers aufwerten lassen. Mit „Hearts of Stone“ halten nämlich zahlreiche neue Rüstungsgegenstände sowie Waffen Einzug ins Spiel, die genau wie ihre Schöpfer einen orientalischen Ursprung zu haben scheinen und somit etwas optische Abwechslung in die alles in allem doch sehr von europäischen Stileinflüssen domineerte Welt von „The Witcher 3 – Wild Hunt“ bringen.
„The Witcher 3 – Wild Hunt: Hearts of Stone“ erweitert das Hauptspiel um eine neue Region im Nordosten von Novigrad, die allerlei neue Haupt- und Nebenquests (insgesamt derer 16 Missionen), sieben neue Schatzsuchen, Sehenswürdigkeiten und Geheimnisse bereit hält, die nur darauf warten von Geralt aufgespürt und angegangen zu werden. Nahezu alle Story-Missionen von „Hearts of Stone“ spielen dabei in den erwähnten neuen Gebieten sowie in und um Oxenfurt, wo Geralts Bekannte Shani sich häuslich niedergelassen hat. Zudem wurden einige neue Monster ins Spiel implementiert: So unter anderem riesige Mutationen, die frappierend an eine unschöne Kreuzung aus Ameise und Spinne erinnern, Geister und Illusionen, die es sich in alten heimgesuchten Gemälden bequem gemacht haben, sowie – Achtung, Spoiler! – eine gigantische Kröte. Letztere ist übrigens der erste anspruchsvolle Boss-Gegner von „Hearts of Stone“, dem der Schlächter von Balviken nach einer guten Spielstunde erstmals Auge in Auge gegenüber steht. Wirklich ausladende Bosskämpfe gibt’s indes derer drei: Jeder von ihnen spielt sich dabei grundlegend unterschiedlich und setzt eine eigens auf die Situation abgestimmte Herangehensweise und den Einsatz sämtlicher verfügbarer Hexer-Fähigkeiten, Zauber, Tinkturen und Tränke voraus, um ihn siegreich zu meistern – insbesondere dann, wenn man auf einem etwas höheren Schwierigkeitsgrad („Blut, Schweiß & Tränen“ oder gar „Todesmarsch“) unterwegs ist. Von eher uninspiriertem „Klick-Klick-Tot“-Einheitsbrei sind die Bosskämpfe von „The Witcher 3 – Hearts of Stone“ glücklicherweise meilenweit entfernt, auch Recycling bereits bekannter Boss-Elemente findet nicht statt. Jeder einzelne Obermotz wurde von Grund auf neue entworfen und mit eigenen Kampftaktiken ausgestattet.
Grafisch ist das Fantasy-Rollenspiel nach wie vor ein absolutes Brett: Die von mir gespielte PS4-Version ist für mich die derzeitige Referenz in Sachen Open-World-Optik und zeigt, was Sonys Konsole auf dem Kasten hat und dass das Ergebnis dem eines High-End-PCs in nahezu nichts nachsteht. Die technisch beeindruckend umgesetzten Landschaften, größtenteils butterweiche Animationen während der Kämpfe und sehr szeneastischen Zwischensequenzen, sowie zum gesprochenen Wort synchrone Mundbewegungen der einzelnen Charaktere (sogar in der deutschen Fassung!) sind bis dato unerreicht. Knackig scharfe Texturen, kaum noch nennenswerte Popups beim Nachladen einiger entfernter Objekte und eine beinahe schon umheimlich realistische Szeneriedichte sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache und unterstreichen für mich den überragenden Gesamteindruck des Spiels.
Dass sämtliche Mono- und Dialoge in „Heart of Stone“ komplett deutsch lokalisiert wurden – sowohl in Textform, als auch die Sprachausgabe -, und dies wie schon im Hauptspiel in jederlei Hinsicht ausgesprochen kompetent, versteht sich von selbst. Auch der Soundtrack von „Hearts of Stone“, allen voran das epochale Main-Theme, kann sich hören lassen.
Vor Spielbeginn wird der geneigte Zocker übrigens per Infobox darauf aufmerksam gemacht, dass die Erweiterung mit einem Geralt angegangen werden sollte, der bereits einige Level auf dem Buckel hat. In meinem Fall nannte Geralt nach der Beendigung der Hauptgeschichte Level 34 sein Eigen, und ich stand während der gut und gerne zwanzig Stunden, die ich mit dem Durchspielen von „Hearts of Stone“ verbracht habe, kaum vor nennenswerten Problemen.
Fazit
„Hearts of Stone“, der erste DLC für „The Witcher 3 – Wild Hunt“, erweitert das Hauptspiel um eine durch und durch gelungene, sehr facettenreiche Storyline, die mich persönlich begeistern und dann und wann auch zum Grübeln anregen konnte. Neue erkundbare (und imho wirklich sehenswerten) Landstriche, sammelbare Waffen und Ausrüstung, sowie die erstmals verfügbaren Runen-Verzauberungen der Ophiri bringen frischen Wind ins Spiel und regen zum munteren Weiterleveln an. Und ja, das limitierte Gwint-Kartenset, welches meiner Special-Edition beiliegt, ist das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem I, die Sahne auf der Torte.. ihr versteht? 😉 – Wer „The Witcher 3“ gemocht hat, wird von „Hearts of Stone“ keinesfalls enttäuscht sein. Von mir gibt’s eine klare Kaufempfehlung!