Eines der ersten PC-Spiele überhaupt, das sich im fernen Jahr 1998 in meine Spielesammlung verirrt hat, war „Colin McRae Rally“ aus dem Hause Codemasters. Der Titel war für die damalige zeit überragend, die Fahrphysik war realistischer als alles, was man damals in der Hinsicht gewohnt war, und auch die audiovisuelle Umsetzung des rasanten Rallye-Geschehens konnte sich sehen und hören lassen.
Der tragische Tod von Namens- und Inputgeber Colin McRae im Jahr 2007 erschütterte die Motorsportwelt und führte schließlich dazu, dass sich Codemasters dazu veranlasst sah, sein ikonisches Rennspiel-Franchise umzutaufen. Aus „Colin MCRae Rally“ und dem späteren „Colin McRae DiRT“ wurde schließlich nur noch schlicht „DiRT“. Zudem verließen die Briten allmählich die anspruchsvolleren Sim-Pfade und richteten „DiRT“ her neu aus, so dass der Titel für eine größere Zielgruppe interessant wurde. Neben Rallye wurden nun auch Funsport-Events wie Rundstrecken-Rennen, Landrush-Events, sowie die von Brausehersteller Red Bull gesponserten X-Games geboten – einschließlich der in der Szene typischerweise an den Tag gelegten „DudeBro“-Mentalität… *kotz*
Mit „DiRT 4“ erschien am 9. Juni 2017 der mittlerweile vierte Ableger des „DiRT“-Franchise. Das verantwortliche Entwicklerstudio Codemasters gab sich indes viel Mühe in seinen Marketingbestrebungen stets darauf hinzuweisen, dass „DiRT 4“ nicht mehr allzu viel mit den arcadigen Serienteilen der letzten zehn Jahre zu tun hat, sondern dank einer durchaus anspruchsvollen Physik-Engine, die bereits im inoffiziellen Vorgänger „DiRT Rally“ zum Einsatz kam, und einem ernsteren, seriöseren Setting auch Simulations-Puristen wie mich ansprechen dürfte. Ein ebenfalls brandneuer Streckeneditor soll zudem für einen nicht enden wollenden Nachschub an Rallye-Strecken sorgen, auf dass einem die Gründe, mal wieder in „DiRT 4“ über Stock und Stein zu driften, niemals ausgehen mögen.
Es folgt meine ausführliche Review zu „DiRT 4“ von Codemasters. Getestet wurde die PS4-Version, darüber hinaus ist der Titel auch für Xbox One und Windows-PC erhältlich.
DiRT 4
2017, Rennspiel, PlayStation 4
Codemasters
www.DiRT4Game.com
Spieletrailer
Beschreibung
„‚DiRT 4‘ hebt Passion und Authentizität des tollkühnen Off-Road Rennspiels auf ein neues Level und fordert die Furchtlosigkeit jedes Spielers heraus, indem es die Spannung, die Emotion und die Passion des Off-Road Racings perfekt einfängt. Es erschafft diesen hitzigen Mix aus Adrenalin und Furcht, der die Körper der Spieler durchströmt, wenn diese in der letzten Runde selbst engste Kurven blind durchrasen und mit dem größtmöglichen Top-Speed zu schier unmöglichen Überholvorgängen ansetzen, während sie das Ziel bereits vor Augen haben. Off-Road Racing ist weit mehr als perfekte Kurvenfahrt – hier geht es um Herzrasen und blitzschnelle Entscheidungen in letzter Sekunde.“ – Quelle
Review
„Be Fearless“ – sei furchtlos – heißt es am Ende des schmucken Introvideos von „DiRT 4“, von dem der geneigte Spieler auf das nahende Rallye- und Offroad-Spektakel eingestimmt wird. Und das, was da geboten wird, kann sich durchaus sehen lassen: Neben einem umfangreichen, alles in allem bereits aus „DiRT Rally“ bekannten Karrieremodus, in dessen Rahmen man sich als absoluter Beginner bis ganz an die Spitze arbeiten kann, werden darüber hinaus noch regelmäßig wechselnde Community-Wettbewerbe mit täglich, wöchentlich sowie monatlich wechselnden Herausforderungen, Online-Multiplayer sowie Funsport-Herausforderungen geboten. Letztere finden auf dem Gelände der DirtFish-Rally-School statt, wo auch die anfängliche Einführung aka „DiRT Academy“ abgehalten wird, welche unerfahrenen Spielern hilfreiche Tipps und Tricks mit an die Hand gibt, um auf den Tracks dieser Welt zu bestehen und seine Kontrahenten Staub fressen zu lassen. Als Renn-Disziplinen bietet „DiRT 4“ die klassische Rallye von A, über B, C und D nach E, Rally-Cross Veranstaltungen nach offiziellem FIA-Reglement („DiRT 4“ ist das offizielle Videospiel der FIA World Rally-Cross Championship, feat. Montalegre, Lohéac Bretagne, Hell, Holjes & Lydden Hill sowie sämtliche Wagen der 2016er Weltmeisterschaft), Landrush-Events mit Pro Buggies, Pro-2 Trucks, Pro-4 Trucks und Crosskart auf abwechslungsreichen Stadion-Rundstrecken in California, Nevada und Mexiko, sowie last but not least einen spaßigen Joyride-Modus. Bei letzterem handelt es sich um die bereits erwähnten Funsport-Events wie das Zerstören von möglichst zahlreichen Schaumstoff-Barrieren oder das zügige Absolvieren eines abgesteckten Parcours. Nicht mehr dabei sind indes Hill-Climb sowie das aus „DiRT 3“ bekannte Gymkhana.
Der Titel bietet dabei einen Fuhrpark, der sich aus eineigen der wohl ikonischsten Rallye-Wagen der vergangenen gut und gerne fünfzig Jahre zusammensetzt. So sind unter anderem der Ford Fiesta R5, Mitsubishi Lancer Evolution VI, Subaru WRX STI NR4 und der Audi Sport quattro S1 E2 im Spiel enthalten. An der Herstellerfront sind unter anderem Ford, Mitsubishi, Subaru, Hyundai, Opel, Peugeot, Renault und BMW Mini vertreten. Bei Landrush-Events kommen zudem schnittige Strand-Buggys sowie PS-starke Pickup-Trucks zum Einsatz. Insgesamt bringt es „DiRT 4“ auf über 50 Rallye-Geschosse, die allesamt mit eigenen Stats sowie für sie typischen Handling-Merkmalen aufwarten können. Tuning, bzw. das Erstellung von auf die jewelige Strecke zugeschnittenen Setups ist zwar möglich, allerdings fallen die Konfigurierungsmöglichkeiten bei weitem nicht so umfangreich und detailliert aus wie bei einer full-blown Simulation wie beispielsweise „Assetto Corsa“ (siehe meine Review) oder, um an dieser Stelle ein Beispiel aus dem Rallye-Genre zu nehmen, dem alt-ehrwürdigen „Richards Burns Rally“.
Apropos „Richard Burns Rally“: Der Titel hat inzwischen gut und gerne zwölf Jahre auf dem Buckel, gilt allerdings bei Simulations-Fetischisten nach wie vor als das bis dato unerreichte Nonplusultra in Sachen Umsetzung der realistischen Fahreigenschaften wie -physik eines Rallye-Wagens angeht. „DiRT 4“ indes wagt den Spagat und bietet gleich zwei unterschiedliche Handling-Modelle: Zum einen den „Gamer“-Mode, welcher grundsätzlich an Milestones berühmt-berüchtigte offizielle „WRC“-Videospiele erinnert (siehe meine Reviews zu „WRC3“ und „WRC 4“) und sich an Gelegenheitsspieler und solche Spieler richtet, die einfach ein wenig unkomplizierten Spaß haben und mit wenig Aufwand gute Zeiten aufstellen wollen. Der Wagen reagiert prompter auf Lenkbewegungen und liegt stabil auf dem Untergrund auf, so dass man kaum korrigierend eingreifen muss. Auf der anderen Seite wäre da wiederum der Modus „Simulation“, der alles in allem an die durchweg anspruchsvoll zu handelnde Physik-Engine von „DiRT Rally“ erinnert, allerdings für „DiRT 4“ hier und da merklich auf Zugänglichkeit getrimmt wurde, simplifizierter und vergebender daher kommt und sich ganz einfach nicht mehr ganz so hardcore’esque präsentiert wie seinerzeit noch in „DiRT Rally“, was ich angesichts des alternativ verfügbaren „Gamer“-Modes nicht ganz nachvollziehen kann. Kurz gesagt: „DiRT 4“ bietet sowohl schnellen, unkomplizierten Spielspaß (Arcade), als auch ein anspruchsvolleres Fahrmodell (Simulation), welches dann und dann recht fordernd sein kann. Allerdings ohne dass letztgenanntes an die Brillanz des inoffiziellen Vorgängers „DiRT Rally“ heranreicht. Auf diese Weise werden sowohl Beginner als auch Profis zufriedengestellt.
Unabhängig vom verwendeten Physikmodell besteht natürlich auch in „DiRT 4“ die Möglichkeit, diverse Fahrhilfen wie zum Beispiel Automatikgetriebe, Bremskontrolle (ABS), Traktionskontrolle (TCS) sowie Allgemeine Fahrzeugstabilisierung zu-, bzw. abzuschalten. Je nachdem, wie zugänglich, respektive anspruchsvoll das Erlebnis denn ausfallen soll. Auch sämtliche auf dem Bildschirm eingeblendete HUD-Elemente wie Tachometer und Drehzahlmesser, Richtungspfeile, Zeitnahme, Sektorenanzeige etc. können den eigenen Wünschen folgend ein- oder ausgeblendet werden. Übrigens: „DiRT 4“ ist eines der wenigen Codemasters-Rennspiele der letzten Jahre, das über kein „Rewind-Feature“ mehr verfügt.
Geringfügig verbessert wurde das Fahrverhalten auf Asphalt und Schotter, sowie das „Flugverhalten“ des Wagens bei hohen wie weiten Sprüngen. Außerdem haben die Macher das Schadensmodell einer grundlegenden Generalüberholung unterzogen, sodass dieses nun deutlich detaillierter ausfällt als noch in den bisherigen Teilen des Franchise. Sämtliche Teile der Fahrzeug-Karosserie (Stoßstange, Motorhaube, Radkästen, Türen u.a.) nennen nun nicht mehr bloß zwei, sondern gleich mehrere verschiedene optische Deformations-Stadien ihr Eigen, ehe sie schlussendlich abfallen und im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke bleiben. Cooles Detail: Im Verlauf einer Etappe ausgefallene Kontrahenten stehen nun, begleitet von Strecken-Marshalls, sichtbar am Streckenrand und warnen vor ihrem liegengebliebenen Wagen.
Mal wieder typisch Codemasters: Die Steuerung von „DiRT 4“ klappt, sowohl am DualShock 4-Controller als auch am aufgebohrten Sim-Rig, hervorragend. Nein, wirklich: Die Codies haben seit jeher ein fantastisches Händchen dafür, ihre Titel für beide Zielgruppen – Gamer und Simulations-Fetischisten – zu optimieren, was man dem Studio gar nicht hoch genug anrechnen kann, wie ich finde! Immerhin gibt’s da draußen schon einige Negativbeispiele was die Optimierung für Gamepads anbelangt… *hust* Project CARS *hust*.
Die Rallye-Events in „DiRT 4“ finden derweil auf Strecken in Australien, Spanien, USA (Michigan), Schweden und Wales statt. Die beiden letzteren Locations waren bereits in „DiRT Rally“ mit von der Partie, während Wertungsetappen in Finnland, Griechenland und Deutschland dieses Mal mit Abwesenheit glänzen. Jede der insgesamt fünf im Spiel enthaltenen Umgebung kann mit einem eigenen Look & Feel aufwarten und stellt den Spieler vor andere spielerische Herausforderungen. Während man in Spanien in der Regel über griffige Asphaltstraßen brettert und auch mal das ein oder andere Dörfchen durchfährt, bekommt man es in Wales mit schlammigen verschlungenen Pfaden durch tief-dunkle Wälder und in Schweden mit rutschigen Matsch-, Schnee- und Eisuntergründen zu tun. Es käme derweil nicht wirklich überraschend, wenn Codemasters irgendwann mit zusätzlichen Location-DLCs um die Ecke kämen. Diese drängen sich ja schon fast auf…
…zumal „DiRT 4“ als erste Iteration des traditionsreichen Rallye-Franchises mit einem dem Spiel beigelegten Strecken-Editor („Your Stage“) aufwarten kann, der – zumindest, wenn man dem Marketing-Abteilung Glauben schenken darf – mit einem annähernd unendlichen Nachschub an Strecken garantiert. Die Bedienung des Editors gestaltet sich dabei kinderleicht: Einfach die gewünschte Länge und Komplexität der Rallye-Etappe einstellen, außerdem noch einstellen, welche Tageszeit (Vormittag, Mittag, Nachmittag, Abend und Nacht) und Witterungsbedingungen (Sonne, Bedeckt, Regen, Nebel und Schnee) vorherrschen sollen, und lediglich einen Knopfdruck und wenige Sekunden später ist die brandneue Strecke auch schon erstellt worden und kann sogleich in Angriff genommen werden. Besonders gelungene Kreationen können zudem gespeichert und sogar mit Freunden geteilt werden. Die Verwaltung der abgespeicherten Etappen ist den Machern von Codemasters allerdings ein wenig unübersichtlich und alles in allem wenig intuitiv geraten.
Während „Your Stage“ grundsätzlich ordentlich funktioniert und beinahe schon so etwas wie einer Revolution des Rallye-Genres gleichkommt, schließlich macht das Gros der Strecken den Eindruck, ein Designer hätte sie per Hand entworfen, bietet das neue Feature dennoch nicht ganz die Komplexität, die ich mir gewünscht hätte. Lediglich zwei Schieberegler, anhand derer die Parameter für eine neue Etappe vorgegeben werden, sind einfach zu wenig. Aus welchem Grund kann man beispielsweise nicht die durchschnittliche Breite der Strecke oder die Häufigkeit von Höhenveränderungen, Sprüngen und engen Haarnadelkurven festlegen? Oder, warum kann ich nicht einfach aus vorgegebenen 100m-Abschnitten eine eigene Etappe zusammenklicken, wie das zum Beispiel in abgespeckter Form bei Ubisofts Arcade-Racer „TrackMania Turbo“ oder auch den aktuellen „WRC“-Videospielen von BigBen Interactive möglich ist? Ebenfalls nicht ganz optimal gelöst: Neue Rallye-Strecken werden vom „DiRT 4“-Streckeneditor automatisch aus einem Pool von vorgefertigten Abschnitten kreiert. Dieses System funktioniert in der Regel gut, allerdings kommen Wiederholungen ein und des selben Abschnittes schon recht häufig – zu häufig! – vor. Nicht selten hat man während einer Etappe gleich mehrere Déjà-vu Erlebnisse – insbesondere bei markanten Streckenpassagen wie Haarnadelkurven oder den neuen Siedlungsabschnitten in Spanien -, was die Illusion, es mit einer einmaligen Etappe zu tun zu haben, dann doch beträchtlich mindert.
Kommen wir nun, es hilft ja nichts, zu meinem persönlichen Dealbreaker, der aus „DiRT 4“ in meinen Augen lediglich ein gutes, allerdings eben kein sehr gutes Rallye-Videospiel hat werden lassen: „DiRT 4“ verfügt nicht über ein permanentes Online-Leaderboard-System! Bestenlisten, mit denen man seine eigene Zeit mit denen der Community vergleichen kann, gibt es lediglich bei jenen Etappen, die man im Verlauf der Karriere oder im Rahmen eines Community-Events in Angriff nimmt. Aber zumindest handelt es sich um Cross-Platform-Leaderboards; sie umfassen also nicht nur Zeiten von Spielern der eigenen Plattform – in meinem Fall also der PS4 -, sondern auch solche, die mit der Xbox One- sowie mit der PC-Version aufgestellt wurden. Strecken, die stattdessen mit dem oben besprochenen „Your Stage“-Editor erstellt wurden, haben indes keinerlei Möglichkeit spendiert bekommen, weder seine eigene Bestzeit, noch die der Community nachvollziehen zu können, um ggf. Vergleiche anstellen zu können. Zudem kommt: Eigenen Bestzeiten werden noch nicht einmal lokal auf der PS4-Festplatte abgespeichert, nicht einmal das! Wer nicht gerade mit einem superguten Gedächtnis gesegnet ist, muss schon zu Stift und Papier greifen, um seine Bestzeiten später noch einmal nachschlagen zu können! Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Im Jahr 2017 soll es nicht möglich sein, aufgestellte Bestzeiten zu speichern – weder online noch lokal! -, während genau dies schon beim knapp 25 Jahre alten Klassiker „Super Mario Kart“ auf dem Super Nintendo (SNES) möglich war! Für mich ist das eine gigantische Enttäuschung, denn: Wer meine weiter oben erwähnte Review zur Verkaufsversion von „Assetto Corsa“ gelesen hat, der weiß, dass Rallye- und Rennspiele, die über kein anständiges Leaderboard-Feature verfügen, bei mir ganz zügig unten durch sind. So verhält es sich nun leider auch mit „DiRT 4“. Schade! Ich liebe es einfach, mich über Wochen hinweg in eine ganz bestimmte Strecke/Etappe „hinein zu fuchsen“, immer weitere Zehntel von meiner Bestzeit abzuschaben, bis ich mich irgendwann vielleicht in die Top-100 der Welt vorgearbeitet habe. Eben dies ist bei „DiRT 4“ schlicht und ergreifend nicht möglich, was meine Langzeitmotivation ganz entschieden mindert. Zumal der Kampf gegen die KI-Konkurrenz selbst auf dem höchsten verfügbaren Schwierigkeitsgrad namens „Champion“ irgendwann keine allzu große Herausforderung mehr darstellt. Zugegeben: Der Streckeneditor von „DiRT 4“ mag zwar ein großartiges, wenngleich auch etwas limitiertes neues Features sein, nur was nützen mir all diese generierten Strecken, wenn ich diese zwar bei Gefallen speichern, mich auf ihnen jedoch nicht in Form einer Bestzeit „verewigen“ kann? Denn ist der knallharte Kampf gegen die Uhr nicht ganz genau das, worum sich der Rallye-Sport grundsätzlich dreht; wer am schnellsten von A über B nach C gelangt?
Ok, es ist mir durchaus bewusst, dass das Nichtvorhandensein von Online-Leaderboards für vom „Your Stage“-Streckeneditor erstellte Etappen technischen Gründe geschuldet ist. Die Verwaltung von theoretisch unendlich vielen Bestzeiten auf unendlich vielen Etappen gestaltet sich nunmal etwas schwierig und dürfte selbst die fortgeschrittenste Serverfarm gehörig ins Schwitzen bringen. Codemasters hat sich im offiziellen Entwicklerblog dahingehend geäußert, dass man an einer Möglichkeit arbeitet, Online-Leaderboards eventuell mit einem Patch nachzureichen. Allerdings habe man bis dato noch keine Lösung gefunden, mit der entstehenden Datenmange klar zu kommen.
„DiRT 4“ fußt auf derselben Grafik-Technologie, die bereits bei „DiRT Rally“ zum Einsatz kam. Das Geschehen der von mir getesteten PS4 Pro-Fassung des Titels läuft in 1080p mit konstant 60FPS über den TV-Flatscreen. Die Rallye-Etappen, selbst jene, die unter Zuhilfenahme des Streckeneditors erstellt wurden, machen mit ihrer Routenführung und den zahlreichen Details auf und abseits der Strecke einen sehr homogenen, natürlichen Eindruck, landschaftliche Abwechslung ist durch die unterschiedlichen Locations gegeben. Sämtliche im Spiel enthaltenen Vehikel wurden aus mehreren Zehntausend Polygonen erstellt, schauen dementsprechend hervorragend aus und verfügen über voll funktionsfähige Cockpits und Innenräume. Die für die Texturierung verwendeten Grafiktexturen präsentieren sich zwar für meinen Geschmack ein wenig zu blass, dafür jedoch überwiegend scharf und zudem wird nicht mehr länger in letzter Sekunde eine hochauflösende Version nachgeladen, wie das noch im Vorgänger öfters mal der Fall gewesen ist. Die Etappen werden nun von deutlich mehr Zuschauern gesäumt als noch in den vorangegangenen „DiRT“-Videospielen und auch an den für den Sport typischen Werbebanden wurde nicht gespart. Apropos Werbung: Dank einer geschlossenen Kooperation trägt die Ausrüstung des Fahrers das ikonische Logo des deutschen Sport- und Lifestyle-Brands Puma, das auch im Motorsport-Segment immer häufiger vertreten ist. Immens gut gelungen sind den Machern auch die Licht- und Wettereffekte des Spiels: Egal ob gleißender Sonnenschein, der sich seinen Weg durch dichte Baumwipfel bricht, prasselnder Regen auf der spiegelnden Karosserie, schlammiger Untergrund und Matsch in düsteren Buchenwäldern, die ein Gefühl von absoluter Einsamkeit vermitteln, oder eisiger Schnee, in dessen Eiskristallen sich das Licht bricht – „DiRT 4“ ist eine echte Augenweide! Natürlich haben es sich die Macher nicht nehmen lassen, auch den namensgebenden Staub sowie Rauch so eindrucksvoll in Szene zu setzen wie noch in keinem anderen Rallye- und/oder Rennspiel zuvor. Selbes gilt übrigens auch für den auf die Cockpit-Scheibe prasselnden Niederschlag, bei dem sich deutlich bemerkbar macht, dass nach der Schließung des „DriveClub“-Entwicklers Evolution Studios zahlreiche Teammitglieder zu Codemasters gewechselt sind.
Negativ fallen vereinzelte Ruckler auf, die insbesondere bei dichtem Gedränge während Landrush-Events vorkommen. Man merkt einfach, dass die Engine nicht für Rundstreckenrennen ausgelegt ist. Nervige Popups gibt es kaum, aber es gibt sie. Zudem ist die Draw-Distance der Schatten (zumindest der hochauflösenden Versionen) einen Ticken zu kurz ausgefallen. Auch die Ladezeiten der einzelnen Etappen hätte für meinen Geschmack einen Ticken kürzer ausfallen können.
Annähernd nur Positives gibt es über den Sound von „DiRT 4“ zu sagen: Das laute Dröhnen der Motoren, Knattern des Getriebes und regelmäßige Zünden des Turbos klang, insbesondere wenn man eine Heimkino-Anlage an seinem TV angeschlossen hat, noch nie so superb – und hat mir noch nie so oft eine wohlige Gänsehaut beschert! Der Titel gehört für mich persönlich zu den am besten klingendsten wie abgemischtesten Rallye-/Rennspielen derzeit! Flankiert wird das alles von einem stimmigen Soundtrack, der wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge zur gebotenen Rallye-Action passt. Ebenfalls wichtig: Die Durchsagen des Beifahrers/der Beifahrerin besinnen sich auf ihre seriösen Wurzeln und kommen gänzlich ohne die affektierten „DudeBro“-Verrenkungen von „DiRT 3“ und „DiRT 2“ aus. Während der deutsche Co-Pilot die Streckenanweisungen routiniert durchgibt, kann man sich auf Wunsch u.a. auch von Nicky Grist, dem einstigen Co-Piloten von Rallye-Legende Colin McRae, oder einer Beifahrerin mit sexy US-Akzent durch den unübersichtlichen Kurven-Dschungel leiten lassen.
Die Ansagen machen dabei leider nicht mehr den perfekten Eindruck wie in „DiRT Rally“, was schlicht und ergreifend damit zusammenhängt, dass die Etappen in „DR“ bekanntlich von Hand designt waren und die Co-Pilot-Ansagen entsprechend an einem Stück aufgenommen werden konnten. Dies ist bei „DiRT 4“ aufgrund des „Your Stage“-Editors logischerweise nicht mehr möglich.
Fazit
Nach mittlerweile gut und gerne 35 Stunden, die ich mich mit „DiRT 4“ befasst habe, und vier gewonnenen Meisterschaftspokalen, die ich in meiner virtuellen Vitrine stehen habe, kann ich sagen: Es war ’ne nette Fahrt, aber mehr auch nicht. Ja, der Umfang kann sich mit gut und gerne 50 Rallye-Karossen und fünf grundlegend unterschiedlichen Locations durchaus sehen lassen, die Spielmodi gestalten abwechslungsreich, und der neue „Your Stage“-Editor kommt beinahe wirklich so etwas wie eine Revolution des Rallye-Genres gleich. Ja, ich würde sogar sagen, dass „DiRT 4“ gameplay-technisch betrachtet das derzeit beste Rallye-Videospiel ist, plus Landrush und Rally-X Rennen, die für sich gesehen ebenfalls eine Menge Spaß machen. Doch was nützt mir all dies, wenn jede Rallye-Etappe einem vergessenswerten One-Night-Stand gleichkommt, weil aufgestellte Etappen-Bestzeiten weder lokal noch online gespeichert werden, und Rundenrekorde im Rally-Cross und Landrush-Modus ebenfalls nicht festgehalten werden? Ich sage es ganz ehrlich: Ein Rennspiel, egal ob Rundstrecke oder eben Rallye, das mit keinem vernünftigen Online-Leaderboard-Feature – seit den frühen neunziger Jahren gewissermaßen ein Basis-Feature eines jeden Rennspiels – aufwarten kann, damit ich mich mit der Community und Freunden messen kann, kann ich nicht sonderlich ernst nehmen!
Darum schrecke ich auch nicht davor zurück, folgende Kaufempfehlung auszusprechen: Wer vor der Wahl steht und auf Rally-Cross sowie den gehypten Streckeneditor verzichten kann und sich aus Gründen auch nicht darauf verlassen mag, dass Codemasters in den kommenden Wochen und Monaten eventuell in Form von Patches nachbessert, sollte zum Quasi-Vorgänger „DiRT Rally“ greifen. Dieser bietet allen Fans des Sports bedeutend mehr Rallye-Flair (und darüber hinaus Online-Bestenlisten) fürs Geld!
Für mich ist „DiRT 4“ eine Enttäuschung, – wenngleich auch auf hohem Niveau.