Seit Russlands Überfall auf die Ukraine steht mein Gamer-Ich vor einem Dilemma: Da draußen existieren zig PC- und Videospiele, die ich interessant finde, teils schon in meiner Sammlung, teils noch auf meiner Watch-List stehen habe, die von russischen Studios entwickelt wurden, bzw. werden. Zum Beispiel BattleState Games‘ Hardcore-Militär-Shooter „Escape From Tarkov“, das von Gaijin Entertainment entwickelte Kriegsspiel „War Thunder“, das retrofuturistische FPS „Atomic Heart“ von Mundfish sowie „No, I’m Not Human“, ein von dem russischen Indie-Dev Trioskaz entwickeltes Horrorspiel mit Survival-Elementen, um an dieser Stelle nur mal eine kleine Auswahl von Games zu nennen, die von russischen Entwicklerstudios stammen.
Nun ist es so, dass Russland, im Fall des Ukraine-Krieges, der klare Aggressor ist und ich Länder, die ihre Nachbarn mir nichts, dir nichts einfach so überfallen, Menschen im „besten“ Fall „nur“ vertreiben, in der Regel jedoch verschleppen und/oder töten, ganze Landstriche dem Erdboden gleichmachen, Kultur schänden und unwiederbringlich vernichten und von der Weltöffentlichkeit bislang weitestgehend ungestraft abscheulichste Kriegsverbrechen begehen, nicht unterstütze. Im Falle des Ukraine-Krieges fällt es mir inzwischen irgendwie auch schwer, zwischen dem Staat Russland und der russischen Bevölkerung, den Russen an sich zu differenzieren, da man von letzteren auch nach fast vier Jahren leider so überhaupt keinen nennenswerten Widerstand wahrnimmt, – von einem Aufstand gegen des Regime Wladimir Putins ganz zu schweigen.
Schaut man sich auf YouTube die ein oder andere Straßenumfrage an, so findet die russische Öffentlichkeit in der Regel nur ganz selten einmal keine positiven Worte für „ihren“ Wladimir Wladimirowitsch und dessen Special Military Operation. Von einer in Russland beheimateten Streamerin, die ich bis vor einigen Monaten immer mal wieder verfolgt habe, da sie aller Internetsperren zum Trotz nach wie vor auch auf Twitch und YouTube präsent ist, gab es angesprochen auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nur ein Schulterzucken. Scheinbar alles nicht so schlimm, solange man selber nicht betroffen ist und außerdem ganz weit weg. Hinzu kommt: Russkiy Mir bringe Frieden und, na klar, Gott wäre auf Seiten Russlands.
Insofern stelle ich mir die Frage: Ist es vertretbar, in Zeiten des Ukraine-Krieges russische, bzw. von russischen Entwicklerstudios kreierte Videospiele zu kaufen, zu zocken, zu streamen?
Ich für meinen Teil habe „Tarkov“, das vor ein paar Wochen seine Version 1.0 veröffentlicht und somit die jahrelange Early-Access-Phase endlich verlassen hat, bisher nicht angerührt. Wirklich was verpasst, außer haufenweise Cheater, habe ich aber wohl nicht. „Atomic Heart“, ein Shooter, der wie oben erwähnt in einer retrofuturistischen Version der Soviet-Union spielt, habe ich mir letztens über eine Key-Site zugelegt, zu faszinierend finde ich das Setting. Beim dem Anbieter war der Game-Key bereits bezahlt bevor ich ihn schließlich erworben habe, mein Geld wandert also nicht nach Russland und somit über diverse Umwege über kurz oder lang in die russische Kriegskasse.
Wie seht Ihr das? Boykottiert Ihr russische Videospiele und andere Produkten, die von dort kommen; wie sieht die Sache bei chinesischen Produkten aus? Achtet Ihr darauf, wen ihr da mit einem Kauf gegebenenfalls finanziell unterstützt, oder seht Ihr das alles nicht so eng?