Knapp dreieinhalb Jahre ist es her, dass ich diese Review um ein Update ergänzt habe, das es in sich hatte: Electronic Arts hatte sich ab der Season 2023 für insgesamt fünf Jahre die Videospielrechte an der World Rallye Championship (WRC) gesichert und im Zuge dessen das britische Spieleentwicklerstudio Codemasters, auf dessen Konto zahlreiche legendäre Motorsport-Videospiele gehen, übernommen. Die „Codies“ kümmern sich seither um die parallele Entwicklung der jährlich erscheinenden offiziellen Formel-1- und WRC-Videospiele, welche wiederum von EA Sports gepublished werden.
Nun herrschet in den unendlichen Weiten des Internets bekanntlich seit Jahren die Meinung vor, dass alles, wirklich alles, was Electronic Arts „anfasst“ – selbst wenn es sich um ursprünglich erfolgreiche Spielereihen handelt, die gute solide Verkaufszahlen ihr Eigen nennen -, augenblicklich zu Scheiße wird.
Neuestes Beispiel für diese These: die besagten WRC Rallye-Videospiele. Nachdem Codemasters über Jahre hinweg exzellente Rallye-Simulationen abgeliefert hat, darunter das von Fans gefeierte „DiRT Rally“-Franchise, welches seit über einem Jahrzehnt – neben dem Klassiker „Richard Burns Rally“ – als das Nonplusultra in Sachen Rallye-Simulation gilt, haben die Jungs und Mädels im Fall von „EA Sports WRC“, welches 2023, also rund zwei Jahre nach der Übernahme durch EA, erschien, einfach mal ernüchterndes Mittelmaß abgeliefert. Mittelmaß in nahezu jeder Hinsicht: die Fahrphysik war eher weniger anspruchsvoll, grafisch sah das ganze trotz Unreal Engine 4 nicht sonderlich ansprechend aus und vom Umfang her waren Fans von den letzten von KT Racing verantworteten „WRC“-Videospielen (u.a. „WRC Generations“) mehr gewohnt. Es fehlte schlicht an allen Ecken und Enden; das Produkt wirkte außerdem recht seelenlos. Zudem wurde „EA Sports WRC“ – insbesondere auf der PC-Plattform – von zahllosen kleinen wie großen technischen Macken geplagt, die – zumindest bei mir – einfach keine rechte Freude am Fahren, bzw. beim um die Haarnadelkurven driften aufkommen lassen wollten. – Hätte ich eine Review geschrieben, es wäre wohl auf 3/5 Sterne hinausgelaufen.
Die erwähnten technischen Unzulänglichkeiten sorgten wohl auch dafür, dass dem offiziellen „WRC“-Videospiel von Electronic Arts größerer finanzieller Erfolg höchst wahrscheinlich verwehrt blieb. Zumindest die unrabattierten Verkaufszahlen können nicht allzu gut gewesen sein, ansonsten hätte man dies groß und breit kommuniziert. Auf dem PC hat „EA Sports WRC“ zudem nie so recht Fahrt aufnehmen können, wenn man den Zahlen der Steam-Charts Glauben schenkt: ein Alltime-Peak von rund 4,500 zeitgleichen Spielern (zum Zeitpunkt dieses Posts driften gerade 608 Spieler über die Schotterpisten) spricht eine deutliche Sprache. Natürlich fehlen da noch die paar Racer, die den Titel im Epic Games Store gekauft haben, aber die ändern auch nichts an den ernüchternden Zahlen.
Vor ein paar Tagen wurde nun bekanntgegeben, dass „EA Sports WRC“ das erste und gleichzeitig auch das letzte „WRC“ Rallye-Videospiel aus dem Hause EA Sports sein wird; das Season-Update 2024 und das „Hard Chargers“-Content-Pack waren die letzten Inhalte, die für „EA Sports WRC“ veröffentlicht wurden. „For now, we are pausing development plans on future rally titles. Rest assured, EA SPORTS WRC will continue to be available for existing and new players. We hope it remains a source of joy, excitement, and the thrill of rally racing. We’ve poured our hearts into making it for fans, and we know you’ll keep the passion alive“, lässt Codemasters im Unternehmensblog von Electronic Arts wissen. Gleichzeitig ist zu hören, dass EA nicht wenige Codies vor die Türe setzt und der verbleibende Rest weiter in EA integriert wird, um sich vornehmlich der Entwicklung des F1-Franchise anzunehmen.
Die Codemasters standen jahrzehntelang für herausragende Exzellenz im Sim-Racing-Genre und waren für mich seit ich mich mit Videospielen beschäftige eines der wenigen und im Verlauf der Jahre und Jahrzehnte immer seltener gewordenen Studios, die sich immer weiter steigern konnten und lange, lange Zeit tatsächlich imstande waren, die sprichwörtliche Messlatte mit jedem neuen Release immer ein Stück weiter nach oben zu verschieben. Ich weiß noch, wie ich im fernen Jahr 1998, ich hatte gerade meinen ersten eigenen Spielerechner bekommen, schnell süchtig wurde nach den weiten Kurven und engen Serpentinen von „Colin McRae Rally“, wie ich hunderte Stunden damit verbrachte, die diversen Rallye-Etappen zu meistern. Es sind Erinnerungen an eine entfernte Vergangenheit, an eine Zeit , die nicht mehr wiederkommt.
Codemasters als Studio ist tot, genau wie die Hoffnung, irgendwann doch noch mal mit einem offiziellen „DiRT Rally 3“ bedacht zu werden; niedergedolcht von EA. – RIP.