Mafia III_

16. Oktober 2016          Review          "Werbung"
 Top  •  Review  •  Fazit

Lang, lang ist’s her: Das vom tschechischen Entwickler Illusion Softworks kreierte Gangster-Epos „Mafia – City of Lost Heaven“, der Überraschungshit des Spielejahres 2002, war seinerzeit eines der ersten Open-World-Videospiele, dem es vollumfänglich gelungen ist, mich mit seiner ambitionierten Spielwelt, packenden wie gleichermaßen filmreif inszenierten Geschichte zu vereinnahmen. Die PC-Fassung von „Mafia“ ist bis zum heutigen Tag einer meiner Alltime-Favorites und ich erwische mich in schöner Regelmäßigkeit dabei, wie ich selbst heute noch neu veröffentlichte Titel mit dem vierzehn Jahr alten Klassiker vergleiche.

Mit „Mafia III“ ist am 7. Oktober 2016 nach schier endloser Wartezeit nun endlich der zweite Ableger erschienen, der das Franchise in eine rosige Zukunft führen soll, – was mir als großem Fan der Reihe absolut recht wäre. Für das in vielerlei Hinsicht höchst ambitionierte „Mafia III“, welches in den US-amerikanischen Südstaaten der auslaufenden 1960er-Jahre angesiedelt ist und als erste Iteration des Franchise einen schwarzen Protagonisten sein Eigen nennt, zeichnet jedoch nicht mehr das Team von Illusion Softworks verantwortlich, sondern stattdessen das 2014 gegründete 2K-Studio Hangar 13 Games, welchem der frühere Lucas-Arts-Veteran Haden Blackman vorsteht; Illusion lieferte als 2K Czech lediglich noch unterstützende Zuarbeit ab.

Ob es Hangar 13 Games gelungen ist mit „Mafia III“ einen überzeugenden Einstand abzuliefern und wie sich der Titel sich im geradezu aufdrängenden direkten Vergleich mit der hauseigenen Konkurrenz „GTA V“ schlägt, klärt meine ausführliche Review zur PlayStation 4-Version des Spiels. – Btw: Vielen Dank an 2K für die freundliche Unterstützung sowie die Bereitstellung eines Testmusters!

Mafia III
2016, 3rd-Person Shooter, PlayStation 4
Hangar 13 Games / 2K Games
www.MafiaGame.com

Spieletrailer

Beschreibung
„Es ist 1968. Die Regeln haben sich geändert. Nach Jahren des Kampfes in Vietnam kennt Lincoln Clay die Wahrheit: Familie ist nicht das, wo man hineingeboren wird, sondern das, wofür man stirbt. Wieder zu Hause in New Bordeaux will Lincoln seiner kriminellen Vergangenheit entfliehen. Doch als seine Ersatzfamilie, die schwarzen Gangster, von der italienischen Mafia verraten und ausgelöscht wird, gründet Lincoln auf der Asche der Vergangenheit eine neue Familie und schlägt eine Schneise der Rache und Vergeltung durch die Reihen der Verantwortlichen. Heftige Feuergefechte, Instinkt in Nahkämpfen, packende Fahr-Action und Cleverness sind seine Mittel zum Zweck. Aber mit der richtigen Crew, knallharten Entscheidungen und schmutzigen Händen kann man es in dieser Stadt an die Spitze der Unterwelt schaffen.“ – Quelle

Review

Bereits Wochen vor Veröffentlichung waren sich sämtliche versammelten GTA-Fancommunity-Admins einig: Bei „Mafia III“ handelt es sich um einen dreisten „GTA V“-Klon, und nicht mal um einen sonderlich gelungenen, zockenswerten. Diese „Weisheit“ wurde eifrig in alle Welt hinausposaunt und nur wenige Stunden nach dem weltweiten Release des 3rd-Person Shooters am 7. Oktober 2016 schossen die ersten entsprechend gefärbten User-Tests wie das sprichwörtliche Unkraut aus dem Boden, bei deren Lektüre sich der objektive Leser sich hoffentlich seinen Teil gedacht hat. Gleichwohl sollte erwähnt werden, dass der Vergleich mit dem „Grand Theft Auto“-Franchise durchaus naheliegend ist: Beide Titel, sowohl „Mafia III“ als auch „GTA 5“, setzen auf Open-World-Gameplay in einer durch und durch immersiv gestalteten Spielwelt, vertrauen auf 3rd-Person Shooter-Mechaniken, Autodiebstahl als zentrales Spielelement, zahlreiche mit entsprechendem Wumms ausgestattete Wummen, sowie eine grundlegend über jeden Zweifel erhabene cineastische Präsentation der Handlung. Allerdings handelt es sich bei Hangar 13 Games‘ Erstlingswerk, soviel sei schon einmal vorweg genommen, keinesfalls um einem plumpen, schlecht designten „GTA“-Klon, wie einem die Fanboy-Horden Glauben schenken wollen, sondern vielmehr um einen ungeschliffenen Rohdiamanten, der aufgrund seines deutlich seriöseren, erwachseneren Anspruchs durchaus eine Existenzberechtigung hat!

In „Mafia III“ schlüpft der Spieler in die Haut von Lincoln Clay, einem just aus dem Krieg in die Vereinigten Staaten zurückgekehrten Vietnam-Veteranen. Lincoln ist schwarz und seine Heimat in New Bordeaux gelegen, einer Südstaaten-Metropole, die den geneigten Zocker frappierend an New Orleans erinnern dürfte, was nicht von ungefähr kommt, immerhin haben die Macher während der Entwicklung gleich mehrere Male durchblicken lassen, dass die „Wiege des Jazz“ als Vorlage hergehalten hat. Bereits nach wenige Minuten im Spielt wird klar: „Mafia III“ schlägt einen ungemein raueren, härteren Ton an als die Konkurrenz: Nicht selten sieht Lincoln sich mit Anfeindungen der weissen Mitbürger konfrontiert, wird herablassend rassistisch als „Nigger“ betitelt und in diskriminierender Art und Weise behandelt. Laut Hangar 13 wurde auf entsprechende anstößige Inhalte bewusst nicht verzichtet, um die damals (wie heute) in den Vereinigten Staaten vorherrschende Lebenswirklichkeit schwarzer US-Amerikaner ungeschönt, unzensiert und somit realitätsgetreu abzubilden. Ein mutiger, richtiger Schritt!

Als schließlich noch ein Ereignis Lincolns Leben gänzlich aus den Fugen reißt, mehr noch als der Krieg es je vermocht hatte, wandelt sich „Mafia III“ vollends zum packenden Rachefeldzug Lincolns gegen das allgemeine Unrecht, mit dem er und seine Brüder und Schwestern sich tagtäglich konfrontiert sehen. Die Geschichte, die zwar mit einer ganzen Reihe interessanter, wenngleich vielleicht auch nicht sonderlich ausgearbeiteter Charaktere aufwarten kann, mich jedoch alles in allem nie wirklich vollends packen konnte, was nicht zuletzt am dann doch sehr klischeehaften Verlauf gelegen haben dürfte, wird in Form von größtenteils in wahrlich grandioser Manier inszenierter Zwischensequenzen weitergesponnen. Besagte Zwischensequenzen laufen durchweg in Spielegrafik ab, wissen mit beeindruckend lippensynchroner Vertonung und einer schier bahnbrechend umgesetzten beinahe schon unheimlich lebensnahen Gestik und Mimik der einzelnen Charaktere zu überzeugen (Augen, die „leben“ und nicht leer und starr wirken, wie es in vielen anderen Videospielen nach wie vor die Regel ist!), welche hinsichtlich der gebotenen Qualität branchenweit ihresgleichen suchen. Nur größtenteils grandios, weil die Zwischensequenzen bei Nebenmissionen das beim steten Verfolgen des Roten Fadens gebotene Animations-Niveau nicht mal ansatzweise halten können, – ging den Machern gegen Ende der Entwicklungsarbeiten etwa ein wenig die Zeit aus?
Zwar können die in der deutschen Sprachfassung von „Mafia III“ besetzten Sprecherinnen und Sprecher mit dem geradezu superben Niveau ihrer US-Kollegen nicht ganz mithalten, was insbesondere dem schlicht und ergreifend dem fehlenden PoPotpourri unterschiedlichster Südstaaten-Akzente geschuldet ist. Nichtsdestotrotz gehört „Mafia III“ ohne Wenn und Aber zur Top-10 des am gelungensten für den hiesigen Markt lokalisierten Videospiele der vergangenen Jahre.

Die Welt von „Mafia III“ ist groß. Nein, bei weitem nicht so riesig wie Los Santos sowie sein nördliches Umland, aber von den gebotenen Distanzen immer noch so groß, dass Lincoln selbst beim chilligen Umhercruisen, während dem nicht selten echtes „GTA“-Feeling aufkommt, nicht so schnell zweimal an ein und der selben Örtlichkeit vorbeigerauscht kommt. Überhaupt kommt New Bordeaux mit seinen diversen Stadtbezirken (als da wären: Delray Hollow, River Row, Southdowns, Barclay Mills, Innenstadt, French Ward, Tickfaw Harbor, Pointe Verdun und Frisco Fields, die allesamt architektonische wie demographische Eigenheiten aufweisen (die äußeren ärmeren Stadtviertel werden eher von Schwarzen, die wohlhabenderen wie zum Beispiel die Innenstadt vornehmlich von Weissen bewohnt), sowie dem weiten sumpfigen Umland außerhalb der Stadtgrenzen, dem Bayou Fantom, in dessen Schutz so manches krummes Ding gedreht wird und dessen gestalterische Ausarbeitung irgendwie etwas mystisches inne hat, überaus glaubwürdig daher. Für meine Begriffe alles in allem glaubwürdiger und immens viel organischer als das durch die Bank überdrehte Weltdesign der großen Konkurrenz! Meiner Meinung nach bietet „Mafia III“ eine der gelungensten Open-World-Umgebungen aller Zeiten und stellt für mich demnach die neue Genre-Referenz dar!
Einige, wenngleich auch bei weitem nicht sämtliche Gebäude können betreten werden. Darunter Lincolns Versteck, eine alte aus Gründen ausgebrannte Bar, welche als Rückzugsort dient und in dem erbeutetes Bargeld deponiert werden kann, diverse Restaurants, Supermärkte, Lagerhallen sowie Bürogebäude, in denen sich überwiegend… – aber dazu später. Die Inneneinrichtung der begehbaren Gebäude ist den Machern dabei ebenso detailliert und abwechslungsreich gelungen wie sich die grundlegende Gestaltung der Bauwerke präsentiert.
Übrigens: Nur weil ein Gebäude im Spiel grundlegend betretbar ist, heißt dies noch lange nicht, dass es auch so mir nichts dir nichts betreten werden kann! Meist muss Lincoln erst ein Schloss aufknacken, um Eindringen zu können. Dies geschieht durch ein kleines intuitives Minispiel á la „Sticks drehen bis die Rumble-Funktion ausgelöst wird, anschließend zum richtigen Zeitpunkt einen Knopf drücken“, das recht zügig zur anspruchslosen Fließaufgabe mutiert. Hat er es dann erst einmal ins Innere geschafft und sieht sich dort wider Erwarten mit dem Besitzer konfrontiert, der ihn nach draußen scheucht, hat dies spielerisch quasi keine Konsequenzen: Weder wird die Polizei gerufen, noch findet eine sonstige Abwehrreaktion statt.
Nicht selten entwickeln sich selbst lediglich kniehohe Mauern oder hüfthohe schräge Kanten für Lincoln als schier unüberwindbare Hindernisse, die es zu umgehen gilt, – unverständlich.

Um rumzukommen in der Welt von „Mafia III“ bedarf es in der Regel eines fahrbaren Untersatzes – wahlweise zu Land oder zu Wasser. Einen beräderten kann Lincoln sich vor dem eigenen Unterschlupf abstellen, um jederzeit wieder auf ihn zugreifen zu können. Alternativ kann er sich auf einfach auf der Straße umschauen und sich einen auf den zahlreichen Parkplätzen New Bordeaux organisieren oder schlicht einen Fahrer aus seinem Gefährt zerren und mit quietschenden Reifen von dannen düsen. Meist wird daraufhin vom Besitzer oder einem Besorgten Bürger, der Zeuge des Diebstahls geworden ist, die Polizei gerufen, so man ihn bis zum Ende des Anrufs denn nicht um die Ecke bringt oder diesen Mithilfe seiner Verbündeten unterbindet. Die Bullerei rückt dann, je nachdem in welchem Stadtbezirk sich die Tat zugetragen hat, mehr oder minder zügig am Ort des Geschehens an. Allgemein hin gilt: In überwiegend von Schwarzen bevölkerten Gebieten, insbesondere Lincolns Heimatbezirk Delray Hollow, lässt sich die Polizei betont viel Zeit, bis sich die Beamten dann doch einmal dazu durchringen sich blicken zu lassen, – was wohl ebenfalls als historisch korrekt eingeordnet werden kann. Da Lincoln sich bis dahin mit seinem erbeuteten Flitzer jedoch bereits meilenweit aus dem Staub gemacht hat, kommt es meist nicht zu einer entsprechenden Polizei-Verfolgungsjagd, geschweige denn überhaupt einer Konsequenz für den Diebstahl.
Die Vehikel fahren sich durchweg wie sich ein typisches 1960er US-Fabrikat nun einmal so gefahren hat, bzw. noch immer fährt: Meist ordentlich PS unter der Haube gepaart mit einer weichen Federung führt zu exzessivem Untersteuern – you get the idea. Grandios gut kommt das Reifenquietschen beim lässigen Driften um die üppigen Kurven New Bordeaux‘, das ich bis dato noch in keinem Videospiel so „genossen“ habe wie in „Mafia III“. Nicht mithalten kann da bedauerlicherweise der gebotene Motoren-Sound: Die Vehikel kommen allesamt ein wenig schwachbrüstig daher und somit ganz und gar nicht wie das US-Muscle-Car der damaligen Zeit!
Wer in der Stimmung ist, kann das Fahrverhalten der Autos in den Einstellungen sogar von der Werkseinstellung „Normal“ auf „Simulation“ umstellen, was die Fahrphysik merklich anspruchsvoller und für den ein oder anderen vielleicht nicht ganz so versierten Fahrer sicherlich schwerer beherrschbar macht. Alles in allem machen beide Modi Spaß, ich persönlich tendiere jedoch zur Einstellung „Simulation“. Seit „DiRT Rally“ bin ich in einem Videospiel nicht mehr so galant um Kurven gedriftet!
Gut gelöst wurde zudem das Navigations-System des Spiels: Anstatt wie die allermeisten anderen Open-World-Videospiele auf eine plumpe Linie zu setzen, die den schnellsten Weg zum Ziel weist, vertraut „Mafia III“ auf klassische Straßenschilder, welche die Richtung vorgeben. Diese sind meist zuverlässig und fügen sich zudem optisch gut in die Umgebung ein, wirken allgemein hin nicht so deplatziert wie es bei der besagten Linienlösung in nicht wenigen Spielen der Fall ist.

„Mafia III“ erzählt wie eingangs erwähnt eine Vendetta, einen Rachefeldzug des Protagonists Lincoln Clay gegen das System, die Südstaaten-Mafia und seine eigene Vergangenheit. Gleich mehrere Mafia-Granden müssen im Verlauf der gut und gerne 20 Spielstunden, die es braucht, um die Hauptgeschichte abzuschließen und nebenbei immer mal wieder die ein oder andere Nebenmission mitzunehmen, ins Gras beißen. Was zu Beginn des Spiels durchaus spannend klingt und Lust auf mehr macht, entpuppt sich schon bald ein größtes Manko des Titels: Alles in allem haben es lediglich sage und schreibe drei unterschiedliche Missionstypen (sic!) ins Spiel geschafft, was vermuten lässt, dass es mit der spielerischen Abwechslung in „Mafia III“ nicht allzu weit her ist…

In fast jedem der „zurückzuerobernden“ Bezirke muss Lincoln erst Informationen sammeln, wer im jeweiligen Bezirk das Sagen hat, dann diesen jemand umnieten, das Ganze anschließend nochmal wiederholen, was schlussendlich den Boss des Gebiets auf den Plan ruft. Dieser hat sich jedes einzelne Mal in einer tendenziell abgelegenen Fabriklagerhalle mit angeschlossenem Bürokomplex verschanzt, – die sprichwörtlichen Ausnahmen bestätigen die Regel. Lincoln kann sich nun entweder seinen Weg zum Boss frei ballern oder stattdessen lieber subtil vorgehen und sich mit dem Messer zwischen den Zähnen und dem ein oder anderen „saftigen“ Stealth-Takedown garniert bis in sein Büro schleichen. Was beim ersten, zweiten und vielleicht auch noch beim dritten Mal durchaus Spaß gemacht hat, kommt spätestens bei der vierten Wiederholung des Missionstyps, des immer selben Ablaufs dann doch irgendwann nur noch langweilig, weil durchweg uninspiriert und anspruchslos daher. Zumal besagte Rückzugsorte der Bezirksbosse in der Regel relativ gleich aufgebaut sind und auch die KI der Mafia-Schergen zu wünschen übrig lässt. Zwar nutzen Letztere das grundsätzlich simple wie funktionale Deckungssystem des Spiels, stürmen dann jedoch trotzdem irgendwann blindlinks mit der wohlig ratternden Knarre im Anschlag los, was sie zu einfachen Zielen macht. Einkesseln, Flankieren oder gar koordinierte Angriffe mehrerer KI-Mobs finden quasi nicht statt. Natürlich ist das eher simpel gestrickte KI-Verhalten förderlich für das von den Devs angestrebte flotte Gameplay, dennoch wäre mehr spielerischer Anspruch wünschenswert gewesen.
Lincoln kann – seiner Vietnam-Erfahrung sei Dank – zudem auf ein „Durch-Wände-Blick“-Feature zurückgreifen, welches gegnerische Mafiosis durch Wände hindurch als Silhouette darstellt und überdies sogar Bosse und sonstige wichtige Personen markiert und speziell hervorhebt, was die meisten Missionen nochmal zusätzlich vereinfacht, da somit quasi ausgeschlossen ist, dass er sich unvorbereitet mit einer gegnerischen Übermacht konfrontiert sieht.

An dieser Stelle sei fairerweise darauf hingewiesen: Wer eine größere Herausforderung sucht, kann sich die nervige wie gleichwohl repetitive Elimination der Unterbosse auch komplett sparen und sich – die Beschaffung der erforderlichen Infos über dessen Versteck einmal vorausgesetzt – direkt den Bezirksboss vorknöpfen. In diesem Fall kämpfen die verschonten Unterbosse sowie deren treu ergebene Handlanger an dessen Seite, was die Missionen schwieriger macht und bei erfolgreichem Abschluss sogar mit einer eigenen Trophy/einem Achievement belohnt wird.
Darüber hinaus soll nicht unerwähnt bleiben, dass das oben geschilderte Missionsschema nicht auf sämtliche Abschnitte des Spiels zutreffend ist. Insbesondere das letzte Drittel präsentiert sich angenehm eigenständig und zu einem gewissen Grad losgelöst vom bis dahin dominierenden Missions-Einheitsbrei und weiß mit so mancher spannender Wendung und der ein oder anderen Hommage an den ein oder anderen populären Stealth-Action-Titel (*hust* Hitman *hust*) aufzuwarten, was vielleicht zumindest ein wenig für den recht belanglosen Auftakt entschädigt. Allerdings: Wer ein mitreißend inszeniertes Finale erwartet, sollte sich auf eine Enttäuschung gefasst machen.

Der zweite Missionstyp, mit dem man es im Verlauf der Handlung von „Mafia III“ zu tun bekommt, besteht aus A-nach-B-Gefahre – und ja, das spielt sich exakt so uninspiriert wie es sich liest! In Nebenmissionen kann Lincoln was für sein Standing tun, und Lieferaufträge annehmen: Mal gilt es, eine Lieferung Gras aus dem Bayou in eine Lagerhalle in der Stadt zu kutschieren, mal soll ein Lastwagen aus einem gegnerischen Lager gestohlen und anschließend irgendwo sicher abgestellt werden. Ein andermal ist gar ein Polizei-Truck gefordert! All diese Aufträge spielen sich grundsätzlich vollkommen anspruchslos. Die größte Schwierigkeit ist es stets, überhaupt heil am Auftragsort anzukommen, ohne sich von der wundervollen Umgebung, der erwähnt superben Architektur und dem urigen Sumpfgebiet ablenken zu lassen. Angekommen, muss Lincoln sich gar nicht großartig auf eine Konfrontation einlassen: Einfach in Richtung Truck sprinten, einsteigen, losfahren, am Zielort heile abliefern, fertig! Auf die Idee, irgendwie Gegenwehr zu leisten (soll heißen: Gegenwehr, die über ein dahin gezischtes „Ich mach‘ Dich fertig, du Schwanzlutscher!“ hinaus geht) und vielleicht unter Umständen auch zur Verfolgung anzusetzen, immerhin stehen meist genügend Fahrzeuge bereit, woraus sich ein durchaus spannendes Szenario entwickeln könnte, kommen die Mafia-Schergen gar nicht erst. Schade, hier wie im weiter oben wurde seitens Hangar 13 Games einiges Potenzial verschenkt!

Ebenfalls ärgerlich: Während einer laufenden Mission kann nicht gespeichert werden, einige wenige Speicherpunkte sind fest vorgegeben. Segnet unser Protagonist kurz vor erreichen des Bosses das Zeitliche, steht er nach der gefühlt einen Ticken zu langen Ladepause wieder ganz am Anfang der Mission. Oder noch schlimmer: Ab und an kommt es gar vor, dass Lincoln den gesamten Anfahrtsweg zu einer Mission, der, je nachdem wo er sich gerade herumtreibt, schon mal recht lang ausfällt, n och einmal in Angriff nehmen muss.

Vor sowie während der Missionen kann Lincoln sich bei einem per Telefon herbeorderten „Lieferboten“ u.a. neue Waffen und Munition für eben diese beschaffen. Bei diesem können auch Waffen-Verbesserungen sowie sonstige Upgrades (u.a. mehr Leben, erhöhte Anzahl von Adrenalin-Spritzen zur sofortigen Heilung, schusssichere Weste, diverse Verbesserungen fürs Auto) erstanden werden. Wirklich nötig sind all diese Upgrades jedoch nicht, um im Spiel voranzukommen. Sie erleichtern das Vorankommen lediglich.
Zu den weiteren Gefallen, die Lincoln per Telefon bei seinen Verbündeten bei Bedarf einfordern kann, sind das Transportieren des mitgeführten Geldvermögens ins Versteck, was sich ansonsten zu einer weiteren nervigen Pflichtaufgabe entwickeln würde, das Verhindern von Polizeieinsätzen, sowie das Anforderung von regionaler Verstärkung.

Wenigstens ein wenig spielerische Abwechslung bringt indes das „Auftragskiller-Feature“ von „Mafia III“. Hält sich Lincoln zu lange untätig an ein und dem selben Ort auf und befindet sich überdies nicht in einer laufenden Mission, so besteht die Möglichkeit, dass sein Gegenspieler Sal Marcano einen Killer auf ihn ansetzt. Erscheint dieser, muss er zwingend ausgeschaltet werden, ansonsten wird er bis ans Ende der Zeit versuchen, Lincoln den Garaus zu machen. Einmal um die Ecke gebracht, ist der jeweilige Bezirk dauerhaft sicher.

Wurde ein Stadtbezirk von Lincoln übernommen, kann er diesen einem seiner drei verbündeten Mobster zuweisen, auf dass dieser die Verwaltung übernimmt, so dass die Gewinne sprudeln, welche in schöner Regelmäßigkeit zu einem Teil auf Lincolns Konto, respektive in seinen heimischen Tresor fließen, und neue Boss-Boni (Rabatte beim Waffenkauf, bestimmte Boosts, etc) freigeschaltet werden. Letztere wirken sich allerdings nicht allzu sehr aufs Spielerlebnis aus.
Als da wäre Cassandra, ihres Zeichens Anführerin des haitianischen Syndikats, die es sich zum ultimativen Ziel gesetzt hat, für die Rechte der schwarzen Rasse einzustehen, der abgewrackte irische Säufer Thomas Burke, der in der Abgeschiedenheit seines Schrottplatzes Pläne schmiedet, und last but not least der bereits aus „Mafia II“ bekannte Vittoria ‚Vito‘ Scaletta, der einst für die Falcone- und die Clemente-Familie in Empire Bay zugange war, dann jedoch aus Gründen nach New Bordeaux ins Exil flüchten musste. Sie alle eint der Hass auf Dal Marcano, das Oberhaupt der italienischen Mafia, die in New Bordeaux das Sagen hat.
Je nachdem, wie Lincoln mit seinen Verbündeten agiert, wie sehr er sie bei der Verteilung der einzelnen zurückeroberten Stadtbezirke berücksichtigt, bzw. eben nicht berücksichtigt, schlägt der weitere Verlauf der Geschichte von „Mafia III“ im letzten Drittel eine von insgesamt vier Richtungen ein, die nicht alle für ihn sonderlich erstrebenswert sind. Dies führt zu einem gewissen Wiederspielwert, der sich jedoch angesichts der geschilderten Missionsarmut nichtsdestotrotz in engen Grenzen halten dürfte.

Wer dennoch irgendwann einmal den Überblick zu verlieren droht, beispielsweise weil eine längere Spielpause eingelegt wurde, kann im Menü ein umfangreiches Tagebuch-Journal bemühen. In diesem werden sämtliche Ereignisse, die im Verlauf der Geschichte auf Lincoln herein geprasselt sind, in Form lesenswerter (sprich: gelungen lokalisierter) Texte chronologisch vermerkt. Zudem gibt es ausführliche Informationen zu sämtlichen Mafia-Clans, Bossen und weiteren Charakteren im Spiel.
Ebenfalls im Pausenmenü kann auf sämtliche Collectibles zugegriffen werden. In der Welt von „Mafia III“ wurden an verschiedenen Örtlichkeiten diverse Magazine, Schallplatten-Alben und Portrait-Zeichnungen versteckt, die Lincoln in einer freien Minute aufklauben und seiner Sammlung hinzufügen kann. Bei den besagten Magazinen handelt es sich übrigens unter anderem um lizensierte Playboy-Ausgaben der 1960er Jahre, in die der geneigte Gamer überdies sogar einen oder zwei Blicke werfen kann, wenn er dies denn mag und möchte.

„Mafia III“ ist dieser Tage eines der ansehnlichsten wenn nicht sogar das grafisch gelungenste Open-World-Videospiel auf dem Markt. Die grandiose Optik kommt – zumindest auf der von mir genutzten PlayStation 4 – in 1080p-Auflösung bei relativ konstanten 30 FPS daher, weiß mit einer guten Weitsicht bei gleichzeitig wenig sichtbaren Popups, in der Regel hoch aufgelösten wenngleich auch nicht megascharfen Texturen, gelungenen Spiegelungen auf Wasser sowie dem polierten Lack und Chromstoßfänger der Vehikel im Spiel, üppiger Flora, sowie überaus ansehnlichen Licht- und Schatteneffekten (letztere knackig scharf) zu brillieren. Insbesondere die Effekte bei auf- und untergehender Sonne, das Farbenspiel bei Nacht, sowie die in schöner Regelmäßigkeit heraufziehenden kräftigen Regengüssen wurden fantastisch umgesetzt! Apropos Regen: Leider ist dies wirklich der einzige krasse Wetterwechsel, der es ins Spiel geschafft hat; Gewitter, ein heraufziehender Sturm oder gar Schnee gibt es nicht.
Die Qualität der gebotenen Animationen schwankt indes recht stark: Während sie in den eingangs bereits thematisierten Zwischensequenzen aufgrund des eingesetzten Motion-Capturings butterweich und beinahe schon fast hollywood-verdächtig daher kommen, wirken einige andere im direkten Vergleich dann doch eher hakelig, ungelenk oder schlicht unpassend. Beispielsweise wenn Lincoln von einem Dach herunterspringt und plan auf dem Boden aufkommen als wäre nichts gewesen.
Grafisch bemängeln lässt sich im Grunde nur die wie erwähnt nicht konstante Framerate, die je nach Bezirk und Aufkommen der dortigen Population mal gerne nach unten ausreißt. Schatten wie kleinere Details im Inneren von Gebäuden laden zudem vereinzelt erst einen Ticken verspätet nach, was zulasten der Immersion geht.

Während es an der Soundkulisse des Spiels nicht wirklich etwas ernsthaft auszusetzen, geschweige denn zu kritisieren gibt, nennt „Mafia III“ überdies noch einen Soundtrack sein Eigen, der alle Freunde richtig guter Musik der 1960er Jahre mit der Zunge schnalzen lässt. Aus den drei im Spiel enthaltenen Radiosendern spielen für die damalige Zeit ikonische Songs u.a. von The Animals, Creedance Clearwater Revival, Otis Redding, Ramones und The Supremes. Als Musikrichtungen sind u.a. Classic Rock, Country, Soul und R’n’B, Blues, Jazz sowie Zydeco, ein Musikstil, der im US-Bundesstaat Louisiana seinen Ursprung hat, vertreten. Da kommt auch akustisch echtes Südstaaten-Flair auf! Insgesamt bringt es der Soundtrack von „Mafia III“ auf mehr als 100 Songs!
Ausgesprochen detailverliebt: Fährt Lincoln durch einen Tunnel, leidet der Radioempfang, was Störgeräusche zur Folge hat. – Wahnsinn, wie viel Herzblut und Sinn für selbst kleinste Details die Macher in ihr Baby investiert haben!

Fazit

„Mafia III“ ist ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite weiß ich die ungeheure Ambition zu schätzen, die überall mitschwingt. Angefangen mit den hollywood-reif inszenierten Zwischensequenzen, die superbe Optik und Soundkulisse, die unerreicht organisch anmutende Spielwelt New Bordeaux mit ihren durchaus interessanten Charakteren, allen voran der starke Protagonist Lincoln Clay, und der zwar klischeebehafteten, allerdings halt eben auch spartanisch-realitisch gehaltenen, mit erwachsen Themen gespickten Geschichte in einem Universum, das nicht minder real abgebildet wurde – in all seiner schonungslosen Grausamkeit.
Auf der anderen Seite hat der Titel zu kämpfen mit einigen Unzulänglichkeiten, über die man einfach nicht hinweg sehen kann: Als da wären z.B. die aufgrund der wenigen Missionstypen quasi nicht vorhandene spielerische Abwechslung, eine Gegner-KI, welche sich wohlwollend vielleicht noch gerade eben so als stupide bezeichnen lässt und die niemanden vor allzu große Probleme stellen dürfte, sowie die nicht vorhandenen Aktivitäten abseits der ausgelatschten Missionspfade.

Letzten Endes bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Hanger 13 Games mit „Mafia III“ einen gelungenen Einstand abgeliefert hat. Nein, es ist kein perfektes AAA-Videospiel vom Schlage des großen „GTA V“ geworden, vielmehr eines mit merklichen Ecken und Kanten, eines mit Charakter. Ein funkelnder Rohdiamant, der mit ein wenig Feinschliff so noch strahlender hätte werden können, der allerdings definitiv Hoffnung und Vorfreude macht auf das, was und die Jungs und Mädels von Hangar 13 Games für die kommenden Jahren noch so alles in petto haben!

Dem ein oder anderen Leser mögen die vergebenen vier Sterne sicherlich einen Ticken zu hoch erscheinen. Für mein Empfinden wären die alternativen drei Sterne jedoch zu niedrig – nochmal: ich unterstütze kreativen Ambitionismus! -, weshalb ich mich letztlich für eine 4-Sterne–Wertung entschieden habe. Angemerkt sei: Vergäbe ich auch halbe Sterne, so hätte „Mafia III“ solide 3 1/2 Sterne abgesahnt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!

Letztes Update: 25. Juni 2018
Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Website wird der Verwendung von Cookies zugestimmt.